Kompakt – Bedienung & Technik
Foto: Foto: Messe Düsseldorf/ctillmann
Man muss ihm einen Anreiz, vielleicht einen spielerischen bieten,
damit er sich mit einer neuen, digitalen Technik auseinander
setzt. Auch wenn man diesen Anreiz schafft, müssen zusätzlich
eine Funktionalität und ein Mehrwert auf Anhieb gegeben sein.
Denn wenn man einmal den Kunden dazu bewegt hat, eine Applikation
auszuprobieren, und diese hat ihn nicht überzeugt, ist
es schwer, ihn ein zweites Mal dazu zu bekommen – auch wenn
diese im Nachgang verbessert wurde.
Fleisch-Marketin g: Welche Entwicklungen haben das
Potenzial, demnächst im Handel ausgerollt zu werden?
Ladenende die Käse aus der Theke zu adäquaten Lagerung entnommen,
müssen diese am nächsten Morgen nach gleichem
Muster wieder eingeräumt werden oder das Modell muss manuell
auf Basis der neuen Verräumung angepasst werden.
Womit wir uns auch bereits befasst haben ist, inwieweit Informationen
im aktuellen Blickfeld des Kunden in die Theke hineinprojiziert
werden können, um Werbung oder Produktinformationen
auf den Glasflächen darzustellen. Da ist die Technologie
aber noch nicht weit genug, um von Marktreife sprechen
zu können.
Fleisch-Marketin g: Händler versuchen
Marktatmosphäre zu schaffen. Steht das im Widerspruch
zur technischen Weiterentwicklung?
Eine Applikation sollte eine einfache Entscheidungshilfe mit einer überschaubaren
Menge an Informationen bieten.
„Studien belegen, dass man
sein Smartph one nich t imm er
in der Hand halten möchte.“
Dr. Kahl: Nicht unbedingt. Die technische Weiterentwicklung
kann sogar helfen, dieses umzusetzen. Man kann beispielswiese
entsprechende Lichtstimmungen einsetzen, um darüber Abteilungen
oder Sortimente noch mehr in Szene zu setzen. Man
kann die Digitalisierung nutzen, um die Marktatmosphäre zu
ergänzen, und Informationen zum Produkt mit Displays anbieten,
die sonst der Markthändler gebe würde.
Fleisch-Marketin g: Welche Partner
bringen sich in das IRL ein?
Dr. Kahl: Unsere Partner sind der Waagenhersteller Bizerba,
Möbelhändler Poco und Lebensmittelhändler Globus. Das sind
die drei Hauptakteure, mit denen wir in erster Linie zusammenarbeiten.
Darüber hinaus kommunizieren wir auch mit Unternehmen
aus den Bereich RFID, Wareneingangskontrolle und
Warendiebstahl. Bei bestimmten Projekten, bei denen es um
Lichtsteuerung und Lichtsignale geht, arbeiten wir zum Beispiel
mit Phillips zusammen. Wir sind aber auch mit Unternehmen
wie der Online-Software AG im Gespräch, wenn es um Displays
im Handel geht, und freuen uns über Anfragen, um gemeinsam
Projekte voranzutreiben.
Visionärer Blick
Das Innovative Retail Laboratory (IRL) ist ein anwendungsnahes
Forschungslabor des Deutschen Forschungszentrums
für Künstliche Intelligenz (DFK I), das in der Zentrale
der Globus SB-Warenhaus Holding in St. Wendel eingerichtet
ist. Das IRL gibt einen visionären Blick auf den Einzelhandel
der Zukunft. Erst durch die Fusion von Informationen
aus unterschiedlichen Datenquellen und deren
Interpretation werden intelligente Assistenzsysteme für
Kunden und Mitarbeiter entwickelt, die das Einkaufen verändern
soll. Dies ist die Kernvision des IRL.
Dr. Kahl: Besonders im Frischebereich ist Potenzial gegeben.
Dort hat der Kunde viele Fragen zu Herkunft und Inhaltsstoffen.
Im gesamten Frischebereich werden schon bald Anzeigen und
Applikationen verfügbar sein, die dem Verbraucher die vielen
Fragen einfach beantworten und damit auch erhebliche kommunikativen
Vorteile für den Handel bieten. Denn wenn schon
die Landwirte und Hersteller die Informationen auf die Verpackungen
drucken, ist es für das gesamte Warenmanagement ein
wesentlich einfacheres Handling. Damit wird man eine Transparenz
schaffen, die für den Kunden sehr relevant bei seiner
Kaufentscheidung ist – und das mit einer verhältnismäßig geringen,
wahrscheinlich einmaligen, Investition.
Fleisch-Marketin g: Welche technischen Entwicklung
wird es für die Bedienungstheke geben?
Dr. Kahl: Eine Entwicklung, an der wir arbeiten, ist die Interaktionserkennung
an der Theke. Auf welches Produkt zeigte
der Kunde? Dieses Zeigen wird durch eine 3D-Tiefenkamera
erkannt und die Information an die Waage und somit an die
Verkäuferin übermittelt, die gleichzeitig weitere Produktinformationen
erhält, die sie in ihr Verkaufsgespräch einbringen
kann. Das Besondere hierbei ist, dass man als Kunde keine neue
Technologie benötigt, sondern normal einkaufen geht. Jedoch
gibt es bei dieser Technik noch einige Hindernisse zu überwinden
– wie die Produktfülle in der Theke oder die Frage, wo ist
welches Produkt und woher weiß das System das. Auf der zurückliegenden
Euroshop haben wir mit Bizerba die Wiegematten
vorgestellt, die beim Einräumen von Käse das Muster erkennt
und somit lernt, wo welcher Käse liegt, um die
Informationen an die Waage zu übermitteln. Eine Umsortierung
im Betrieb wird aufgrund der Interaktionen erkannt, und
das Muster in der Theke automatisch angepasst. Werden zu
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