Service & Bedienung
Eine Frage stellt sich aktuell:
Ist die Klassifizierung der
Rinderschlachtkörper in der
EU zeitgemäß beziehungsweise
wertbestimmend?
Mit dieser Problematik setzt
sich der Fleischsommelier
Michael Keller auseinander.
In Japan wird der Fettgehalt – beispielsweise
vom Wagyu-Fleisch – in
der Maßeinheit BMS (Beef Marble
Standard) gemessen und dargestellt.
Angemessene
Bewertung
Derzeit wird die Rinder-Klassifizierung, die mit der entsprechenden
Notierung einhergeht, mit der Bezeichnung
E - U - R - O - P - A sowie der Fettklassen 1 bis 5 dargestellt.
Die Beurteilung erfolgt durch geschulte und zugelassene
Sachverständige nach optischer Begutachtung und gemäß dem
Handelsklassenschema. Die wertbestimmenden Körperpartien
sind die Ausprägung von Keule, Rücken und Schulter, überdies
wird der Verfettungsgrad berücksichtigt.
Eklatantes Beispiel
Eine Bewertung beruht auf der Ausprägung der Muskelfülle, die
durch die Fleischigkeitsklassen definiert ist. Darüber hinaus wird
der Verfettungsgrad des Schlachtkörpers bewertet. Damit haben
wir die Situation, dass der Schlachtkörper eines Jungbullen – also
12 bis 24 Monate männlich nicht kastriert – in der HKl. U3 mit
einem Schlachtgewicht von 437 Kilogramm im Durchschnitt mit
4,22 €/kg notiert ist, während das weibliche Gegenstück, die Färse
U3 mit dem Schlachtgewicht von 362 Kilogramm nur mit 3,81
€/kg bewertet wird (laut Notierungen Bayern KW 50/17). Das
bedeutet: Je mehr Fett, desto preiswerter. Natürlich ist die Färse
in den Muskelpartien nicht so ausgeprägt, nach Meinung der
Fachleute allerdings ist die Fleischqualität deutlich höher einzustufen.
Noch eklatanter wird das Beispiel, wenn wir eine Kuh in
der Klassifizierung R4 mit einem Schlachtgewicht von 392 Kilogramm
zum Vergleich heranziehen: Sie ist mit 3,29 €/kg notiert,
und wer ein Edelteil einer Fleischkuh mit diesem Verfettungsgrad
in dieser Gewichtsklasse – passend abgereift – gegessen hat,
weiß, dass dieses Stück Fleisch ein absoluter Hochgenuss ist. Daher
sollte man öfter nachfragen, wenn man weibliches Rindfleisch
handelt und verkauft. Wichtig ist, ob es sich um Färse oder
Kuh, Fleischrind oder Zweinutzungsvieh handelt, und auch die
Milchrasse spielt eine Rolle.
Interessant ist ein Blick auf Länder außerhalb der EU. Wie halten
sie es mit den Klassifizierungen, welche Kriterien spielen hier die
entscheidende Rolle für die Preisfindung? Als erstes fällt auf, dass
im Ausland mehr über die Fetteinschlüsse bewertet wird. Nimmt
man das Beispiel von US-Beef, das derzeit in aller Munde ist, sieht
man, dass die Beurteilung – Prime, Choice, Select und Standard –
die Preisstellung des Fleisches bestimmen. Wobei Prime das Rindfleisch
mit den meisten Fetteinschlüssen ist. Zu den Faktoren, welche
die Schmackhaftigkeit des Fleisches entscheidend beeinflussen
und zur Bewertung beitragen, gehören die Karkassen-Reife, die
Festigkeit, die Textur und die Farbe des Magerfleisches.
Marmorierung als primäre Bestimmung
Die Marmorierung ist die Vermischung von Fett innerhalb des
Muskels. Klassifizierer bewerten die Menge und Verteilung der
Marmorierung im Ribeye-Muskel an der Schnittfläche, nachdem
die Karkasse zwischen der 12. und 13. Rippe in Vorder- und Hinterviertel
getrennt wurde. Der Grad der Marmorierung ist die primäre
Bestimmung der Qualität. Jeder Marmorierungsgrad ist in 100 Untereinheiten
gegliedert. So gibt es die Qualitätsstufen „Prime“+,
„Prime °“ und „Prime –“. Entsprechendes gilt in den Qualitäten
Choice, Select und Standard. Man geht also davon aus, dass Fetteinschlüsse
mit der endsprechenden Reifung die maßgebliche Einheit
für den Geschmack sind. Auch wir haben früher gelernt, dass Fett
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