Unternehmen & Konzepte
Positive Bilanz
Beleuchteten das Problem der multiresistenten Keime aus unterschiedlichen Blickwinkeln (von
links): Hans-Ewald Reinert, Thomas Skouv Hansen von Danish Crown und Professor Werner Solbach,
Direktor des Institutes für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Universität Lübeck.
38 1-2/2019 F leisch-Marketing
Foto: Ursula Pfäfflin-Nefian
Sechs Monate nach der
Markteinführung von „Herzens-
sache“ zog Hans-Ewald Reinert,
geschäftsführender Gesellschafter
der Reinert Privat-Fleischerei,
eine positive Zwischenbilanz. Auf
der Grünen Woche in Berlin, wo
er vor einem Jahr das Pilotprojekt
mit Fleisch aus antibiotikafreier
Aufzucht vorgestellt hatte,
kündigte er an, die Range
zu erweitern.
Als Reinert bei der letztjährigen
Messe seine Kooperation mit dem
dänischen Fleischunternehmen
Danish Crown im Bereich antibiotikafreier
Aufzucht von Nutztieren präsentierte,
löste er eine heftige Kontroverse aus.
Schweinehalter warfen ihm vor, die „unbegründete
Angst der Verbraucher vor
Antibiotika“ ausnutzen zu wollen, und die
heimischen Bauern kritisierten die exklusive
Partnerschaft mit dem dänischen
Fleischkonzern. Das Versmolder Familienunternehmen
verwies darauf, dass man
abseits aller ideologischen Auseinandersetzungen
neue Konzepte in Tierhaltung
und Produktion möglich machen müsse
und dass Danish Crown über mehrjährige
Erfahrungen in der massenmarkttauglichen
antibiotikafreien Aufzucht von
Schweinen verfüge.
Reduzierung von Antibiotika
Ein Jahr später zeigte sich Hans-Ewald
Reinert von den Zahlen und der Reaktion
der Verbraucher bestätigt. Sie machten
deutlich, dass die Verbraucher eine Alternative
zu konventionellen Produkten wollen
und gegenüber dem Problem des hohen
Antibiotikaeinsatzes zunehmend
sensibel sind, sagte er. Multiresistenzen
führten dazu, dass Ärzte immer häufiger
keine wirksamen Antibiotika mehr im
Kampf gegen Keime und Infektionen zur
Verfügung hätten. Verbraucher nähmen
dies mittlerweile als ernsthafte Bedrohung
wahr und forderten eine deutliche
Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in
der Landwirtschaft, erläuterte Reinert.
Der Unternehmer zitierte eine von ihm
initiierte aktuelle Repräsentativbefragung
des Meinungsforschungsinstituts Mente>
Factum. Danach fühlen sich rund zwei
Drittel der Deutschen nur unzureichend
gegen die Ausbreitung von multiresistenten
Keimen geschützt. Und wenn es um
den Kampf gegen Multiresistenzen geht,
sieht eine deutliche Mehrheit der Befragten
die Lebensmittelproduzenten (89 Prozent)
in der Verantwortung, dicht gefolgt
von der Politik (86 Politik) und der Landwirtschaft
(84 Prozent).
Mit der Wurstlinie Herzenssache, die
aus garantiert 100 Prozent antibiotikafreien
Aufzucht stammt und die auch als
Bedienungsware verfügbar ist, will das
Versmolder Unternehmen einen Beitrag
zu einer nachhaltigen Reduzierung von
Antibiotika in der Mast von Nutztieren
leisten. Seit Markteinführung im Juni vergangenen
Jahres hat Herzenssache eine
breite Verfügbarkeit im Handel erreicht,
die Absatzmenge beträgt insgesamt mehr
als zwei Millionen Packungen. Aktuelle
Daten der Gesellschaft für Konsumforschung
zeigen zudem, dass die Käufer
überproportional jung sind: 40 Prozent
sind weniger als 35 Jahre alt. „Das zeigt
uns, dass wir mit Herzenssache ein zukunftsweisendes
Konzept verfolgen“, erklärt
Hans-Ewald Reinert, der mit seiner
Range vor allem die jungen Verbraucher
im Visier hat.
Erweiterung mit Bratwurst
Angesichts der positiven Entwicklung
plant Reinert in diesem Jahr weitere Produkte
auf den Markt zu bringen. Das Sortiment,
das momentan die Sorten „Kochschinken
„natur“ und „gebacken“, Salami
„klassisch“ und „mit Pfeffer“ sowie „Mortadella
klassisch“ und „Schinkenwurst
fein gespickt“ umfasst, soll mit einer Bratwurst
sowie zwei Sorten Rohschinken erweitert
werden. „Es wird dauern, bis die
Menge an Fleisch zur Verfügung steht, um
auf breiter Front antibiotikafreie Aufzucht
als neuen Standard in der Branche zu etablieren.
Aber wir sind davon überzeugt,
dass eine deutliche Reduzierung von Antibiotika
möglich ist, und wir werben dafür,
dass die Verbraucher uns bei diesem Anliegen
unterstützen“, meinte Hans-Ewald
Reinert abschließend.