KOMPAKT•VEGGIE
Thekenverkauf
Die Veggie-Welle ist nicht nur im Handel, sondern auch im Handwerk angekommen. Das zeigt das Beispiel
von Jörg Stoller, der als „Veggie-Fleischer“ über die Grenzen von Trier hinaus für Schlagzeilen sorgt.
Vom vegetarischen Angebot der „Genussfabrik“ profitiert auch der Partyservice. Das Fingerfood
Büfett hat sich mit fleischlosen Köstlichkeiten zum „Renner“ entwickelt.
Als Stoller mit seiner Frau Sylvia im
Mai 2015 eine Metzgerei übernahm
und seine „Genussfabrik
Trier“ eröffnete, stand für ihn fest, nicht
auf das klassische Metzgerei-Angebot zu
setzten. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten
hat sich sein Konzept, in seiner
Fleischerei auch selbstproduzierte vegetarische
Produkte zu offerieren, etabliert.
„Ich wollte unbedingt vegetarische und
vegane Artikel anbieten. Denn für mich
war schon lange klar, dass es dafür einen
Markt gibt“, berichtet Stoller. Allerdings
legt er großen Wert auf die handwerkliche
Herstellung. Wenn er manche Zutatenliste
von industriellen Produkten ansehe,
müsse er sich schon wundern, was
alles zugelassen und verkauft würde,
führt er aus.
Neben der handwerklichen Produktion
sieht Stoller den Vorteil seines vegetarischen
Aktiver
Sortiments im „aktiven Thekenverkauf“.
Die Produkte seien natürlich erklärungsbedürftig
und kompetente Beratung
sehr wichtig. Überdies müsse man selbst
von ihnen überzeugt sein. Er und seine
Frau seien in der Küche sehr experimentierfreudig,
und so kämen bei ihnen nicht
nur Fleischgerichte, sondern auch vegetarische
auf den Tisch, erklärt er.
Stoller bietet seine Produkte vor allem
für die sogenannten Flexitarier an, denn
auch er weiß, dass eingefleischte Vegetarier
nicht in einer Metzgerei einkaufen.
Häufig nähmen aber ältere Kundinnen
für ihre Tochter oder Enkelkinder etwas
Vegetarisches mit, damit sie gut vorbereitet
sind, wenn diese sie besuchten,
hat der 46-jährige Fleischermeister beobachtet.
Dass das Tischtuch zwischen Fleischfans
und Vegetariern zerrissen ist, hat
Stoller auch am eigenen Leib feststellen
können. „Nachdem in der Presse über
mein Konzept berichtet worden war,
habe ich erst einmal deftige Briefe bekommen,
in denen ich wüst beschimpft
wurde, weil ich Vegetarisches und sogar
Veganes in meiner Metzgerei anbiete“, erinnert
er sich. Aber in der Folge häuften
sich die positiven Reaktionen. Neue Kunden
nahmen wegen der Veggie-Produkte
sogar weite Anfahrtswege in Kauf, blieben
der „Genussfabrik“ treu und bestärkten
das Unternehmerehepaar in ihren
Überlegungen.
Fleischlose Köstlichkeiten
Obwohl die selbst produzierten vegetarischen
und veganen Erzeugnisse – einschließlich
der Salate – nur für etwa acht
Prozent des Umsatzes zuständig sind,
spielen sie eine entscheidende Rolle für
den Geschäftserfolg. Denn sie sind das
„Alleinstellungsmerkmal“. Die Grundlage
der Produkte sind Weizenproteine, erstklassige
Gewürze sowie der Verzicht auf
Geschmacksverstärker, Farb- und Aromastoffe.
Die besondere Kunst bestehe
darin, eine optimale Balance zwischen
Konsistenz und Geschmack herzustellen,
erklärt Stoller, der nur eigene Materialzusammenstellungen
und Rezepte verwendet
– beispielsweise für den „Blacky Burger“,
den auf Zucchini, Champignons,
Weizenproteinen, Rapsöl, Sonnenblumenkernen,
Salz und Gewürzen basierenden
Star des Sortiments.
Von dem vegetarischen Angebot profitierte
auch ein anderer Geschäftszweig
der „Genussfabrik“: der Partyservice. Vor
allem Fingerfood hat sich zum „Renner“
entwickelt, auch wegen der fleischlosen
Köstlichkeiten.
12 KOMPAKT VEGGIE 2017