Fotos: Blümel Es war 1984, als Karl Ludwig Schweisfurth einen Prozess des Zweifelns und Grübelns mit einem Paukenschlag beendete. Völlig überraschend für Mitarbeiter und Familie verkaufte er sein Herta-Fleisch- und Wurstimperium an den Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Der Mann aus Herten, der mit vakuumver-packter Fleischwurst ein Vermögen gemacht und nebenbei in seinen Betrieben soziale Maßstäbe gesetzt hatte, wollte nicht mehr so weitermachen: „Der Preis hat mich nicht mehr interessiert, sondern Geschmack und Gesundheit.“ Die Kon-sequenz ließ nicht lange auf sich warten: „Ich steige aus und fange von vorne an.“ Karl Ludwig Schweisfurth gründet mit den Nestlé-Millionen 1985 zunächst die Schweis-furth- Stiftung. Die Agrar- und Ernährungs-kultur will er neu definieren, Achtsamkeit im Umgang mit Tieren einfordern und den ländlichen Raum nachhaltig entwickeln. Wie er sich das vorstellt, führt Karl Ludwig Schweisfurth 1986 mit der Gründung sei-ner Herrmannsdorfer Landwerkstätten für Lebensmittel in Glonn bei München vor. Der Bruch mit der Vergangenheit als Fleischindustrieller könnte kaum radikaler sein: Handarbeit statt Fließband. „Tiere töten, dürfen wir das?“ Diese Frage nagte immer wieder ausgerechnet an dem Mann, der die Fleischindustrie nach US-amerikanischem Vor-bild nach Deutschland brachte, bei der die Tiere im Sekundentakt auf die Schlachtbank geführt werden. Der Wirtschafts- und Sozial-wissenschaftler beantwortet die alles entschei- food_visionär Visionär oder Spinner? Karl Ludwig Schweisfurth wurde stets in beide Schubladen gesteckt und polarisiert auch mit 85 Jahren wie ein blutjunger Revoluzzer. Der Geläuterte 36 Kompendium 2015
FT_04_2015
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