Fotos: Marketing Handwerk, © FMZ – Fotolia.com KUNDENBINDUNG IM HANDWERK Treue Stammgäste sind das Kapital jedes Unternehmens. Auch im Handwerk gewinnt Kundenbindungsmanagement daher an Bedeutung. Prof. Dr. Birgit Ester, Leiterin des Karlsruher Forschungsinstituts ITB, rät Betrieben, weniger auf die reine Preispolitik zu setzen, sondern ihre Kunden emotional an sich zu binden. MARKETING Frau Prof. Ester, Sie beschäftigen sich seit Jahren mit erfolgreicher Betriebsführung im Handwerk. Welche Herausforderungen sehen Sie für die Betriebe? Schnelle und adäquate Reaktionen auf die Marktentwicklung: Kunden, Konkurrenten, Politik, Gesellschaft. Arbeits- und Gesundheits-schutz ist dabei ein wichtiges Thema, aktuell und in Zukunft. Ebenso wie IT-Sicherheit und der demografische Wandel im Handwerk. Einen weiteren Block von Themen könnte man vielleicht am besten unter dem Stichwort „Positionierung“ zusammenfassen: Wo steht das Handwerk und wie definiert sich der ein-zelne Betrieb im Hinblick auf Dienstleistungs-gestaltung, Nachhaltigkeit, Internationalisie-rung und Kooperation? Welche Rolle spielt Kundenbindung in einem modernen Handwerksbetrieb? Eine wichtige und leider oft noch unter-schätzte. Bestandskunden zu halten ist immer preiswerter, als neue Kunden zu gewinnen. Außerdem kommen zufriedene Kunden nicht nur immer wieder. Sie bringen oft auch neue Kunden mit. Ist das Internet hier eher Chance oder Risiko? Durch das Internet sind Preise und Leistungen viel transparenter und vor allem vergleichba-rer geworden. Die Konkurrenz wird größer, die Bindung an einen Anbieter nimmt tendenziell ab. Loyalität ist nicht selbstverständlich. Der Handwerksbetrieb muss daher noch stärker auf Qualität als Differenzierungsmerkmal set-zen – und auf Kundenbindung. Das Internet bietet neue Wege zum Kunden und die Mög-lichkeit, viele Kunden und potenzielle Kunden gleichzeitig zu erreichen. Das ist mit Sicherheit eine große Chance. Und die sollte man nutzen. Die Bandbreite an Gewerken ist sehr groß. Sehen Sie Aspekte, die grundsätzlich für Kundenbindung im Handwerk gelten? Grundsätzlich geht es darum, Begeisterung beim Kunden hervorzurufen und Qualität er-fahrbar zu machen. Es gibt verschiedene Kategorien, in denen sich Maßnahmen bewegen können. In der Kategorie „Produkt“ sind Give-away etwas, das im wahrsten Sinne des Wortes immer ankommt. Allerdings sollten sie über-legt eingesetzt werden. Hier dürfen Betriebe gerne kreativ sein und vor allem auch einen direkten Bezug zu ihrem Gewerk herstellen oder auch eine Kost-probe ihres Könnens geben: ein Friseur mit einer speziellen Haarpflege oder ein Fleischer mit regionalen Spezialitäten. Es gibt viele ori-ginelle Möglichkeiten, dem Kunden etwas mit auf den Weg zu geben, durch das er sich gerne an den Betrieb erinnert. Andere Maßnahmen bedienen das weite Feld „Beratung und Service“: Warum nicht den Kunden – bevor er telefonisch nachfas-sen muss, unaufgefordert über den Bear-beitungsstatus seines Auftrags informieren? Oder für Stammkunden erweiterte Öffnungs-zeiten anbieten? Weiterbildungsangebote geben dem Kunden die Möglichkeit, eine emotionale Bindung auf-zubauen. Der Metzger, der Grillseminare für seine Stammkunden anbietet, hat endlich mal die Männer mit im Boot. Wenn er seine Events dann noch über Facebook kommuniziert, nutzt er auch die vorhin angesprochenen Chancen des Internets optimal aus. Jedes Ge-werk, das nah am Endkunden ist, kann hier etwas tun. Damit wird gleichzeitig Know-how transportiert und Kompe-tenz vermittelt. Außerdem können so Preise erklärbar gemacht werden. Wer bei einem Workshop oder ei-nem Seminar selber Hand anlegt und sieht, dass ein fertiges Produkt in vielen Arbeitsschritten entsteht, wird viel eher den Wert einer Ar-beit schätzen. Sie haben gerade von Maßnah-men zur emotionalen Bindung gespro-chen. Davon unterscheiden lassen sich ja solche aus dem Bereich der Preispolitik. Wie würden Sie die Bedeutung dieser Letzteren bewerten? Als Teil eines Maßnahmenpakets können spe-zielle Vorzugsangebote für Stammkunden sicher funktionieren. Kundenbindung allein über einen Preiswettkampf macht allerdings 38 1/2014
FH_01_2014
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