Kompakt – Bedienung & Technik
Steigendes Interesse
Die vergleichsweise hohen
Erstinvestitionskosten für
Anlagen mit natürlichen Kältemitteln
sollten nicht isoliert
betrachtet werden. Eurammon-
Mitglied Rob Lamb, Marketing
Director bei Star Refrigeration,
erklärt, worauf es bei einer
betriebswirtschaftlichen
Kalkulation ankommt.
Fleisch-Marketin g: Welche
Faktoren fließen in die Berechnung
der Lebenszykluskosten ein?
Lamb: Wichtige Punkte beim Vergleich
unterschiedlicher Kühllösungen sind die
Last- und Umgebungstemperaturprofile.
Kühlsysteme arbeiten nur wenige Stunden
im Jahr zu den jeweiligen Auslegungsbedingungen.
Mit dem Verständnis der anzuwendenden
Kühllast- und Umgebungstemperaturprofile
eines Projekts können
Berechnungen die Leistungsunterschiede
zweier oder mehrerer Systeme aufzeigen.
Moderne ammoniak-basierte Systeme
sind üblicherweise mit energiesteigernden
Funktionen wie drehzahlvariablen
Verdichtermotoren und Ventilatoren ausgestattet.
Außerdem besitzen sie Wärmetauscher
mit kleinen Temperaturdifferenzen
und Steuersysteme, die eine Anpas-
sung der Verdunstungs- und Kondensa-
tionstemperaturen je nach Last- und Umgebungsbedingungen
erlauben. In Kombination
erbringen solche Maßnahmen üblicherweise
eine höhere Energieeinsparung,
als mit alternativen Lösungen mit synthetischen
Kältemitteln zu erreichen wäre.
Auch die Lebenserwartung der Anlage
sollte in der Lebenszyklusberechnung betrachtet
werden.
Fleisch-Marketin g: Den hohen
Investitionskosten bei Anlagen mit natür-
lichen Kältemitteln stehen niedrigere
Betriebskosten und eine längere Laufzeit
gegenüber. Was bedeutet das für die Amortisationszeit?
Lamb: Die Investition in ein System mit
natürlichen Kältemitteln sollte als langfristige
Investition – 20 Jahre oder noch länger
– betrachtet werden. Dies trifft insbesondere
auf Ammoniakanlagen zu. Üblicherweise
hat sich die zusätzliche Investition
nach etwa drei bis fünf Jahren amortisiert.
Fleisch-Marketin g: Welchen
Einfluss haben Füllmenge und Leckage
auf die Betriebskosten?
Lamb: Aufgrund der Toxizität und/oder
Entflammbarkeit natürlicher Kältemittel –
mit Ausnahme des weder giftigen noch
brennbaren Kohlendioxid – ist es entscheidend,
in der Planungs- und Konstruktionsphase
das Leckagerisiko so weit wie möglich
zu reduzieren. Die Leckageraten am-
moniak-basierter Systeme waren in der
Vergangenheit vernachlässigbar. Wenn es
nötig war, Kältemittel aufzufüllen, dann
meist nach Wartungsarbeiten, bei denen
zuvor ein Teil des Kältemittels entfernt
werden musste. Die Kosten für jegliche natürliche
Ersatzkältemittel liegen üblicherweise
bei unter zehn Prozent der Kosten
für FKW-Gase.
Fleisch-Marketin g: Die natürlichen
Kältemittel finden mehr Anwendungsbereiche
Hält den Umstieg auf natürliche Kältemittel
für sinnvoll: Dr. Robert Lamb.
in der Klimakälte – zum Beispiel
kleinere Anwendungen. Wohin geht
der Branchentrend?
Lamb: Einer der Hauptgründe für das steigende
Interesse an natürlichen Kältemitteln
für kleinere Anwendungen ist die unsichere
Zukunft synthetischer Kältemittel.
Der Betreiber will nicht in Ausstattung investieren,
die schon in den nächsten fünf
bis zehn Jahren ersetzt oder nachgerüstet
werden muss.
Zum wachsenden Interesse tragen auch
technologische Entwicklungen auf dem
Gebiet der natürlichen Kältemittel bei,
durch die Komponenten und Ausstattung
erschwinglicher geworden sind. Insbesondere
Systeme mit Kohlendioxid sind
preislich attraktiv, wie die steigende Anzahl
etwa im Einzelhandel oder für kommerzielle
Anwendungen sehr gut illustriert.
Fleisch-Marketin g: Wo besteht der
größte Informationsbedarf, um die Entscheider
von der langfristigen betriebswirtschaftlichen
Rentabilität von natürlichen
Kältemitteln zu überzeugen?
Lamb: Es gibt zwei Schlüsselargumente
für den Umstieg auf natürliche Kältemittel:
den Nachweis, dass Investitionen in Systeme
mit natürlichen Kältemitteln lohnende
Erträge erbringen, und die Unsicherheit
bezüglich synthetischer Kältemittel.
26 7/2017