Dezentraler Energieeinsatz Die Fleischverarbeitung ist mit hohem Energieaufwand für die Bereitstellung von Prozess- und Lagerungskälte verbunden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind Unternehmer gefordert, ihre Maschinen, Anlagen und Gebäude energieeffizient zu betreiben. Die gekoppelte Erzeu-gung von Kraft, Wärme und Kälte eröffnet weit-reichende Einsparpotenziale: Durch den Einsatz zweier KWKK-Anlagen erzeugt ein fleischverarbeitender Industriebetrieb in Nordrhein-Westfalen bis zu 50 % seines Gesamtbe-darfs an Strom und Kälte selbst. Angesichts des steigenden Käl-tebedarfs für die Kühlung von Räumen und Prozessen wird die Energieeffizienz in Gebäude-betrieb und Produktion wettbe-werbsentscheidend. Besonders die Nahrungsmittelindustrie ist davon betroffen. Mit ca. 67 % deckt sie den größten Anteil am bundesdeutschen Kältebe-darf ab. Weitere 22 % entfallen auf die Klimatisierung von Ge-bäuden, 9 % auf Prozesskälte übriger Industrien (Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein, 2002). Technologien, welche die benötigte Kälte möglichst energieeffizient be-reitstellen, werden damit zum Schlüsselfaktor für eine nach-haltige und wirtschaftliche Pro-duktion. Insgesamt lässt sich durch die Kopplung von Strom-, Wärme- und Kälteproduktion eine dau-erhafte und zuverlässige Aus-lastung der BHKW-Anlage von 8.500 Std./Jahr generieren. Wird eine KWKK in ein ganz-heitliches Energiekonzept ein-gebunden, können Unterneh-men ihren Energiebedarf bei einer gleichzeitigen Senkung der Betriebskosten decken. Außerdem wird die betrieb-liche Erzeugung von Eigen-strom durch den Gesetzgeber unterstützt: Nach dem Kraft- Wärme-Kopplungs-Gesetz ( KWK-G) erhalten Anlagen-betreiber weitreichende Boni für die Erzeugung von dezen-tralem Strom. Weitere Investi-tionszuschüsse für Sorptions-anlagen sowie Zuschläge und steuerliche Vergünstigungen können auf Antrag geltend gemacht werden, sofern die jeweiligen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind. In-formationen dazu erteilt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Fach- und bedarfsgerechte Anlagenplanung Auch in der fleischverarbei-tenden Industrie hängen Ener-giebedarf und energetische Voraussetzungen eines Unter-nehmens von mehreren be-triebsspezifischen Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielen Be-triebsgröße und Standort sowie Art und Umfang der Produkt-palette, der technischen Anla-gen und Herstellungsverfah-ren. Unterschiedliche Produk-tionsbedingungen erfordern Individuallösungen für einen bedarfsgerechten Anlagenbau und ein effektives innerbetrieb-liches Energiemanagement. Bei der Planung und Projek-tierung einer Anlage steht die optimale Dimensionierung im Nachhaltigkeit Sustainability • Klimawandel: Fragen zum Klimaschutz und zur Klimaan-passung • Herausforderungen durch die Globalisierung der west-lichen Ernährungskultur, Be-deutungssteigerung von Regionalität • Gesundheit und gesundheitliche Folgen eines hohen Fleischkonsums: Adipositas, Diabetes, Herz- und Kreislauf-krankheiten • Das gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnis. Diese Bereiche gilt es unter-nehmensspezifisch zu bearbei-ten, glaubhaft zu belegen und zuletzt in die Marketing- und Unternehmenskommunikation zu integrieren. Ich denke auch, dass die Entwicklung der Tier-wohldiskussion ein gutes Bei-spiel ist. Sie haben in Niedersachsen eine Analyse durchgeführt, die sich mit der Nachhaltigkeits-kommunikation beschäftigt hat. Ausgangspunkt der Arbeit wa-ren Forschungsergebnisse, die zeigten, dass auch Qualitäts- und Markenfleischprogramm- Anbieter Schwierigkeiten mit der Art und den Inhalten ihrer Kommunikation hatten. Die damalige Befragung von Unter-nehmen der Fleischwirtschaft in Niedersachsen (2008/2009) zeigte keine einheitliche Ver-wendung des Begriffes Nach-haltigkeit auf. Sie identifizierte aber zwei Gruppen an Unter-nehmen, die unterschiedliche Perspektiven für sich im Kon-text der Nachhaltigkeitskom-munikation sahen: Eine, in der primär Schlachtunternehmen vertreten waren: Diese favori-sieren die Perspektive (1), Qua-litätsdifferenzierung und -kom-munikation (2) sowie Stärkung der Hersteller-Handel-Koope-rationen für Nachhaltigkeits-konzepte (3). Brancheninterne und -externe Kooperationen für mehr Transparenz und Auf-klärungsarbeit, gerade auch bei den Endverbrauchern. Die andere Gruppe, in der eher Verarbeiter und Hersteller ver-treten waren, legten den Wert auf Aspekte wie (1) nachhal-tige Markenbildung fördern, (2) nachhaltige Qualitäts- und Themenführer werden sowie die (3) Qualitätsdifferenzierung und -kommunikation vorantrei-ben. Trotz kleiner Unterschiede aufgrund der strategischen Po-sition in der Wertschöpfungs-kette stellt das verbindende Element beider Gruppen die nachhaltige Qualitätsdifferen-zierung und -kommunikation dar, die zur Profilierung verhel-fen soll. Welches Vorgehens raten Sie Unternehmen in der Fleisch-branche, die sich noch nicht mit diesem Thema auseinanderge-setzt haben? Sich erst einmal ausführlich mit der Bedeutung und dem Ursprung des Begriffs Nachhal-tigkeit beschäftigen. Die Arbeit mit Unternehmen zu diesem Thema haben gezeigt, dass Nachhaltigkeit (1) nicht kurz-fristig, (2) nicht ohne große or-ganisatorische und finanzielle Anstrengungen im und für das Unternehmen, (3) nicht ohne marktliche (vor- oder nachge-lagerte Stufe, Verbände) oder nicht-marktliche (NGO‘s, Ver-eine etc.) Partner, (4) nicht ohne ein grundlegendes Infragestel-len der derzeitigen Unterneh-mens-, Markt- und Werbestra-tegien sowie ihrer Inhalte und (5) nicht ohne die Reflexion über zukunftsfähige Produk-tionssysteme, die auch in Be-zug auf die Welternährung als nachhaltig bezeichnet werden können, realisiert werden kann. Welche Rolle spielt dabei aus Ihrer Sicht der Verbraucher ? Der Verbraucher spielt eine sehr große Rolle. Ich habe in meiner Arbeit versucht, das Verhält-nis zwischen Gesellschaft und Fleischproduktion systematisch aufzurollen und als kulturelle Herausforderung beschrieben. Derzeit werden in den Medien immer wieder Ansätze von Schuldfragen gestellt. Davon bin ich kein Freund. Ich habe mich gefragt, wie es zu dieser Entfremdung gekommen ist, an der meiner Meinung nach Ver-braucher und Unternehmen, beteiligt sind. Heike Sievers Vielen Dank für das Gespräch! 40 3/2015
FT_03_2015
To see the actual publication please follow the link above