Die Lebensmittel- und Getränkebranche setzt vermehrt auf nachwachsende Rohstoffe, recycelbare Materialien und stellt konventionelle Konzepte der Verpackung zunehmend auf andere um.
Vom 26. bis 29. April 2022 erfahren Besucher*innen auf der internationalen Zuliefermesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie in Köln, wie Packmittelhersteller und Verpackungsmaschinenbauer den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit gestalten und welche Herausforderungen es dabei zu meistern gilt. Auch im Event- und Kongressprogramm wird das zukunftsweisende Thema kompetent abgebildet.
Eine Universallösung für die Reduzierung und Recyclingfähigkeit von Verpackungsmaterialien gibt es aber nicht. Doch überall dort, wo auf Verbundfolien oder Kunststoff-Trays verzichtet werden kann, werden diese durch Monofolien oder Karton ersetzt. Die Verpackungsmaschinen-Spezialisten nehmen die gestiegenen Anforderungen an die Nachhaltigkeit sehr ernst und reagieren mit modularen Maschinenkonzepten, die dank intelligenter Robotik und Automatisierung sowohl übliche als auch nachhaltige Packmittel verarbeiten.
Bioaktive Beschichtung
Bisher werden vor allem trockene oder bereits primärverpackte Produkte in papierbasierten Folien verpackt. Denn je komplexer und sensibler das zu verpackende Lebensmittel ist, umso schwieriger wird es, eine Alternative für Kunststoffverpackungen zu finden. Ein Thema, mit dem sich zunehmend die angewandte Forschung beschäftigt, wie das Gemeinschaftsprojekt „BioActiveMaterials” des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV und des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB zeigt. Auch hier nutzen die Forschenden Papier als Basis zur Herstellung funktioneller Verpackungsmaterialien wie verschließbare Siegelrandbeutel oder Einschlagpapier. Das Papier wird über Standardverfahren mit einer Beschichtung versehen, für die natürliche, lebensmittelrechtlich zugelassene Proteine und Wachse mit biobasierten Additiven zum Einsatz kommen.
Dank der speziellen Formulierung erfüllt die langzeitstabile Beschichtung gleich mehrere Funktionen: „Zum einen dienen die Proteine als Sauerstoffsperrschicht und die Wachse als Wasserdampfbarriere, so trocknet etwa Obst nicht so schnell aus. Zum anderen verleihen die biobasierten Additive antioxidative und antimikrobielle Wirkung. Fleisch und Fisch verderben dann nicht so schnell. Insgesamt wird die Haltbarkeit deutlich verlängert“, erklärt Dr. Michaela Müller, Leiterin des Innovationsfelds Funktionale Oberflächen und Materialien am Fraunhofer IGB. „Nach der Nutzung wandert die Verpackung in die Altpapiertonne, die Beschichtung ist biologisch abbaubar und stört das Recycling nicht“, ergänzt Dr. Cornelia Stramm, Abteilungsleiterin am Fraunhofer IVV. Die Verpackungen sind ebenfalls für Lebensmittel geeignet, die gekühlt werden müssen, z. B. Fleisch. Dabei bleibt die Schutzfunktion vor Sauerstoff erhalten. Sogar Tiefkühlkost lässt sich darin verpacken.
Digitalisierung meets Circular Economy
So vielversprechend papierbasierte Lösungen sind: Nach heutigem Stand der Technik ist Kunststoff als Material für Vakuum- oder MAP-Packungen vor allem im Fleisch- und Convenience-Food-Segment unverzichtbar, um Produkte sicher und hygienisch zu verpacken. Mit Hochdruck arbeitet die Branche an der Weiterentwicklung von Konzepten, die dazu beitragen, den Einsatz fossiler Rohstoffe bei der Herstellung von Folien, Trays und Universalverpackungen zu minimieren. Wie dies gelingen kann, erläutert Matthias Lesch, Geschäftsführer der Pöppelmann GmbH & Co. KG, Lohne. „Unsere Entwicklungen folgen konsequent dem Prinzip ‘Reduce, Reuse, Recycle.’ Gemeinsam mit weiteren Partnern wird hier etwa an der Entwicklung vollständig kreislauffähiger Beutelverpackungen gearbeitet, die nach Gebrauch wieder als Rohstoff für die Fertigung neuer Ausgießer, Kappen und Beuteln zur Verfügung stehen – und so ebenso für einen geschlossenen Materialkreislauf sorgen.
IoT-Gateway
Zugleich müssen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft wirksame Recyclingprozesse sichergestellt werden. „Dabei ist der Austausch mit Partnern aus allen involvierten Industriebereichen essenziell“, betont Stefan Scheibel. Für den Vice President Corporate Training & Innovation Center der Multivac Gruppe ist es die Digitalisierung, die ein „enormes Potenzial besitzt, um nachhaltige Verpackungen einem hochwertigen Recycling-Prozess zuzuführen.“ Genau das will R-Cycle leisten. Der branchenübergreifende Standard wird von verschiedenen Technologieanbietern und Organisationen entlang der Wertschöpfungskette von Kunststoffverpackungen zur Marktreife entwickelt, zu denen auch die Multivac Gruppe gehört. R-Cycle kann Verpackungseigenschaften, wie Kunststoffsorte, Kleber, Druckfarben und Additive schon während der Herstellung automatisiert in einem digitalen Produktpass erfassen. Dabei werden alle relevanten Parameter automatisiert über ein IoT-Gateway in die Datenbank eingetragen, Verpackungen eindeutig markiert und mit global gültigen Identifikationsnummern serialisiert. Der Abruf der recyclingrelevanten Daten ermöglicht später eine sortenreine Trennung und somit eine Wiederverwendung des Kunststoffs in hochwertigen Applikationen.
Event- und Kongressprogramm zum Thema Packaging (Auswahl):
– 26.4.2022, 10 bis 11:30 Uhr: „Nachhaltige Flaschen und Packmittel für Getränke“ – Moderiertes Fachgespräch Veranstalter: DLG
– 28.4.2022, 13:40 bis 15:10 Uhr: „Maßgeschneiderte Lebensmittelverpackungen: Sind Sie auch schon dabei?“ – Moderiertes Fachgespräch; Veranstalter: NVC Netherlands Packaging Centre, Gouda/NL
– 29.4.2022, 10 bis 11:30 Uhr: „Intelligente Verpackungen – moderne Verpackungen „denken“ mit“ – Moderierte Session; Veranstalter: DLG (Veranstaltung wird ist auch digital abrufbar)