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Naturdarm

Retro in der Edelhülle

Datum: 21.09.22Quelle: B&L MedienGesellschaft Redaktion FH Fleischer-Handwerk | Fotos: Theimer, Naturdarmverband Ort: München/Hamburg

ine wichtige Zutat bei traditionellen Wurstsorten ist der Naturdarm – doch auch hier gibt es „vergessene“ Spielarten, bei denen sich eine Wiederentdeckung lohnt. Ein guter Metzger schwört auf regionale Spezialitäten, um sich vom Massenmarkt abzuheben. Zum Beispiel Stefan Vider, der „Wurstrebell“ aus Oberfranken, der mit seiner Retro-Metzgerei konsequent auf Handwerk, Regionalität und alte Wurstsorten setzt. Mehr dazu verrät Hilmar Reiß vom Naturdarmverband im Interview:

Sie sprechen über „vergessene Schätze“ der Wurstkultur – was gehört für Sie unbedingt dazu?

Da fallen mir spontan sehr viele ein: Eine schöne Bierwurst in der Schweineblase geräuchert. Presskopf in der Rinderbutte, Krautwurst in der S-Flaue, eine Polnische mit Kochsalz und Salpeter hergestellt im Schweinedarm. Alle diese und viele andere traditionelle Würste werden bei uns nicht mehr oder nicht nach dem Originalrezept hergestellt.

Welche Rolle spielen die Wursthüllen bei diesen traditionellen Rezepturen?

Eine sehr große. Im traditionellen Handwerk gibt es keine andere Hülle außer dem Naturdarm – es ist die älteste „Lebensmittelverpackung“ der Welt. Viele unserer besten Wurstsorten gehen auf das Mittelalter zurück, als Mönche und Nonnen in den Klöstern Wurstbrät in Naturdärme füllten, um so Belagerungen zu überstehen oder hohe Gäste zu bewirten. Heute ist diese Edelhülle als nachhaltige Ressource aktueller denn je. Sie wird bei der Schlachtung gewonnen, veredelt – und kann direkt als hochwertiger Rohstoff in der Wurstproduktion zum Einsatz kommen.

„Nose to tail“ ist in aller Munde – aber doch keineswegs eine neue Erfindung?

Ganz im Gegenteil: „Nose to tail“ war in der traditionellen Wurstherstellung gang und gäbe, geriet aber in den vergangenen 30 Jahren in Vergessenheit. In einer Traditionsmetzgerei gab es keine Schlachtabfälle. Ob Blut, Pfote, Schnauze, Schwarte oder Darm, alles fand Verwendung. Erst die Entfremdung der Bevölkerung mit der Herstellung von tierischen Lebensmitteln sorgte für einen „Igitt-Effekt“. Denken wir an den Pfälzer Saumagen, die Leibspeise von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl. Eine hochwertige, feine Spezialität, für die er damals Hohn und Spott geerntet hat. Die heutige Diskussion um Lebensmittelverschwendung und Nachhaltigkeit rückt das Thema „Nose to tail“ wieder ins Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher. Es steht zudem für eine hohe Wertschätzung gegenüber dem Schlachttier – eine Haltung, für die sich gerade die junge Generation des Metzgerhandwerks besonders stark macht.

Haben Sie Beispiele für Naturdärme, die heute selten geworden sind?

Vorweg: Alle Teile des Verdauungstraktes eines Schlachttieres, die sich füllen lassen, bezeichnet man als Naturdarm. Den Pfälzer Saumagen habe ich erwähnt. Ich denke auch an die berühmte Frankfurter Kartoffelwurst, die ebenfalls in einen Schweinemagen gehört. Oder an die „Göttinger“, eine Spezialität in der Rinderblase. Last but not least der Pferdedarm – obligatorisch für eine Tiroler Jagdwurst oder…

Das komplette Interview mit Hilmar Reiß gibt es hier in der Ausgabe 5/2022 von FH Fleischer-Handwerk:
https://www.fleischnet.de/wp-content/uploads/epaper/1000010921/FH_05_2022/page_16.html

Marco Theimer / Fleischnet

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