Schlachthöfe & Corona: Es geht auch anders. In Fürth-Burgfarrnbach setzt man auf Handwerk, tierschutzgerechte Schlachtung und heimische Fachkräfte: „So wertvoll wie nie“. Deutsche Schlachthöfe sind ins Gerede gekommen: Mal als industrielle Schlachtfabriken mit wenig Rücksicht aufs Tierwohl, zuletzt als Corona-Hotspot für osteuropäische Arbeitskräfte, die für Billiglöhne schuften und in hygienisch fragwürdigen Massenunterkünften untergebracht sind. Zustände, die der Fürther Metzgermeister Konrad Ammon kritisiert und betont: „Es geht auch anders!“ Als positives Gegenmodell nennt er den Metzgerschlachthof Fürth, der sich als Regionalvermarkter und verlässlicher Arbeitgeber heimischer Fachkräfte etabliert hat.
Fleisch der kurzen Wege
Verglichen mit Großschlachthöfen von Vion oder Tönnies ist dieser Schlachthof eher ein „Schlachtzimmer“: 60.000 Schweine, 3.800 Rinder und 1.600 Schafe wurden hier 2019 zur Schlachtbank geführt. Aber dafür weiß man, wo sie herkommen: Hier halten keine anonymen Lkw mit exotischen Nummernschildern, sondern kleine Tiertransporter von Landwirten aus Lauf oder Neustadt/Aisch, von Metzgern aus Ansbach oder Neumarkt. „Der Radius unseres Rohstoffbezugs und der Fleischvermarktung beträgt nur etwa 50 km. Wir stehen für Fleisch der kurzen Wege“, sagt Konrad Ammon, der den Schlachthof seit 2010 als Geschäftsführer leitet.
Überwachung
Über die Einhaltung der Tierschutzvorgaben an den fünf Schlachttagen pro Woche (Montag bis Freitag) wachen neben 5 internen zertifizierten Tierschutzbeauftragten auch die Beamten des Fürther Veterinäramtes. Zudem sorgen 16 Überwachungskameras dafür, dass mögliche Verstöße dokumentiert und ggf. sanktioniert werden. Konrad Ammon: „Nicht nur aus der Sicht der Verbraucher ist tierschutzgerechtes Schlachten wichtig – es sichert auch die gute Fleischqualität.“ Wer da nicht mitziehe, habe ein wichtiges Prinzip handwerklicher Schlachtung nicht verstanden und riskiere seinen Ausschluss, denn er gefährde die Reputation des Metzgerschlachthofs und aller gut 85 schlachtenden Betriebe. Gleiches gilt für die von der städtischen Lebensmittelüberwachung kontrollierten EU-Hygienevorgaben. Ihre Einhaltung lässt sich die Schlachtstätte monatlich vom unabhängigen Prüfinstitut „foodserv“ (Ansbach) bescheinigen.
Kooperativer Ansatz
Für die Sauberkeit von Spaltbeilen, Knochensägen und Schlachtraum ist eine 15-köpfige Lohnschlächterkolonne verantwortlich, die nach ihrer eigentlichen Arbeit auch die Reinigung der Anlagen übernimmt. Die Mitglieder sind alle ausgebildete Metzger mit Gesellenbrief, die mit ihren Familien rund um Fürth leben. Die Schlacht-Fachkräfte sind in einer eigenen GmbH organisiert, um z.B. mit der auftraggebenden Schlachthof Betriebs GmbH über die Stückhonorare zu verhandeln – und sie sind auch Anteilseigner der Betriebs GmbH, dürfen also über die Zukunft ihres Schlachthofs mitbestimmen.
Diesen kooperativen Ansatz hat die Einrichtung seit ihrer Gründungszeit bewahrt. Weil die Stadt ihre 100 Jahre alte Schlachtstätte 1985 schließen wollte, packten die Metzger an, banden Viehhändler und Landwirte mit ein, sammelten 400.000 DM Stammkapital und über 600.000 DM Einlagen und bauten neu. Seit der Eröffnung schreibt man schwarze Zahlen. Heute ist die Betriebs GmbH die Gesellschaft mit den meisten Eignern (105) im Raum Fürth. Seit 1993 ist der Metzgerschlachthof EG-zugelassen, wovon der ovale Stempel „BY 50528“ zeugt. Auch nach dem Qualitätssicherungssystem „QS“ und Bio-Richtlinien ist man zertifiziert. Das Stammpersonal umfasst 7 Mitarbeiter. Durch die Schließung der Schlachthöfe in Schwabach, Nürnberg (1997), Ansbach (2003) und Lauf (2018) kamen immer mehr mittelfränkische Metzger und Direktvermarkter zum Schlachten nach Fürth.
Investitionen
Für 2020 plant man hohe Investitionen, bei denen auch dem Tierschutz hohes Augenmerk gelten soll. Auf 5,5 Mio. Euro beziffert der Geschäftsführer Maßnahmen wie die Vergrößerung der Stallflächen, ein neues Kühlhaus mit kostensparendem, umweltfreundlicherem Kühlsystem oder eine neue Zufahrt für Viehtransporter von Norden (Veitsbronner Straße). Sein Credo: „Wir müssen in die Zukunft schauen und denken.“ Konrad Ammon, in Personalunion auch Ober- und Landesinnungsmeister der Fleischer, sieht den Fürther Schlachthof als Garant für dezentrale Verarbeitung und Vermarktung wie für tierschutzgerechte Schlachtung: „Noch nie war er so wertvoll wie heute!“