Live aus der Wurstküche – auf TikTok. Mit kreativen Ideen gegen den Fachkräftemangel im Fleischerhandwerk: Die SÜFFA 2023 zeigt neue Möglichkeiten, Trends und Karrierechancen auf. Die Gründe für den Fachkräftemangel hierzulande sind vielschichtig und reichen von einer wachsenden Zahl junger Menschen ohne Berufsausbildung über den demografischen Wandel bis hin zur schwindenden Attraktivität vieler Berufsbilder. Auch vielen Metzgereien fehlt es an geschultem Personal und motivierten Auszubildenden – den wichtigsten Ressourcen jedes Fachgeschäfts. Was tun? Auf der Stuttgarter SÜFFA vom 21. bis 23. Oktober 2023 wird diese Frage unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert.
„Die Nachwuchssituation ist äußerst schwierig“, sagt Barbara Zinkl-Funk (li,), geschäftsführende Gesellschafterin der 1. Bayerischen Fleischerschule in Landshut. „Es gibt viel zu wenig Azubis, sowohl bei den Metzgern als auch beim Verkauf. Momentan ist noch eine fleißige, belastbare Generation aktiv, die ihr Handwerk von Grund auf gelernt hat und stolz darauf ist. Wenn aber an der Basis weithin so wenig nachkommt, steht die Branche mittelfristig vor einem Problem.“
Ein Lösungsansatz zur Vermeidung personeller Engpässe ist ein höherer Grad an Rationalisierung und Automatisierung – etwa durch ein größeres Konserven-Angebot oder eine SB-Theke. Nicht überall lasse sich aber beliebig umstrukturieren, warnt sie: „Das kommt darauf an, wie der jeweilige Betrieb ausgerichtet ist. Gerade im kleinstrukturellen Bereich wird nach wie vor viel von Hand erledigt. Flexibilität und vielseitige Kenntnisse sind dort gefragt, sprich: klassische Handwerker und Allrounder, keine Automaten.“
Ausländische Fachkräfte
Auf der Suche nach Branchennachwuchs schweift der Blick auch ins ferne Ausland. In einem deutschlandweit einzigartigen Pilotprojekt in Kooperation mit der Handwerkskammer Freiburg konnte Metzgermeister Joachim Lederer (li,), Landesinnungsmeister des Fleischerhandwerks in Baden-Württemberg, junge Menschen aus Indien überzeugen, in Deutschland eine Ausbildung in der Fleischbranche zu absolvieren. Dieser Schritt sei „längst überfällig“ gewesen, meint er, der das Projekt sogar mehrfach im Fernsehen vorgestellt hat und die hohe Motivation der neuen Auszubildenden lobt.
Smartphone, Social Media & Co.
Motivation ist auch ein Stichwort für Barbara Zinkl-Funk. Sie sieht in der Fachkräftekrise durchaus eine Chance: „Die Qualität der Nachwuchskräfte steigt. Wir stellen fest, dass diejenigen, die sich für einen Fleischerei-Beruf entscheiden, es ganz bewusst tun und nicht nur eine Notlösung darin sehen, wie es früher gelegentlich der Fall war. Die jungen Leute suchen gezielt nach guten Ausbildungsbetrieben. Etwa zwei Drittel unserer Meisterkurs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer wollen später einen eigenen Betrieb gründen oder übernehmen.“ Um potenziellen Nachwuchs für das Handwerk zu begeistern und motiviertes Personal zu gewinnen, genüge eine Zeitungsannonce längst nicht mehr: „Man muss sich genau überlegen, wen man ansprechen möchte, und welche Kanäle man dabei nutzen kann. Ein neuer Trend ist es, Medien-affine Azubis als Botschafter einzusetzen, die dann etwa auf TikTok live aus der Wurstküche berichten.“
Omnipräsenz das A und O
Eine „ganzheitliche“ Strategie verfolgt Eyüp Aramaz, Geschäftsführer der Marketing- und Recruiting-Agentur Aramaz Digital und Dozent für Social Media, Personalmarketing & Arbeitgebermarkenbildung an der FHM Bielefeld. „Durch den demografischen Wandel, die Digitalisierung und insbesondere die sozialen Medien herrschen heute ganz andere Verhältnisse auf dem Arbeitskräftemarkt als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wenn man gute Mitarbeiter finden will, ist Omnipräsenz das A und O.“ Dies gelte vor allem für das Smartphone, das in Sachen Nutzungsdauer traditionellen Medien längst den Rang abgelaufen habe.
Nachwuchs Wertschätzung entgegenbringen
Bei alledem sei es wichtig, die Vorzüge des eigenen Betriebs herauszuarbeiten und zu kommunizieren, erklärt Eyüp Aramaz, der bereits über 200 Lebensmittelbetriebe in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgreich betreut hat. Eine Messe wie die SÜFFA könne somit „als Plattform viel leisten“, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Das findet auch Barbara Zinkl-Funk: Da die SÜFFA traditionell von vielen Berufsschulen besucht werde, sei sie „ein tolles Instrument, um die Gesellinnen und Gesellen zu motivieren, im Beruf zu bleiben, und ihnen zu zeigen, welch vielfältige Möglichkeiten ihnen im In- und Ausland offenstehen. Am wichtigsten aber ist, dem Nachwuchs Wertschätzung entgegenzubringen. Es wird heute mehr von den Azubis erwartet, aber die Azubis haben auch hohe Erwartungen an ihren Ausbildungsbetrieb – zu Recht!“
Messe-Profil: Auf der SÜFFA in Stuttgart kommen Menschen und Märkte zusammen. Sie ist der Branchentreff für das Fleischerhandwerk und die mittelständische Industrie. In den Hallen präsentieren sich ausstellende Unternehmen aus den Bereichen Produktion, Verkauf und Ladenausstattung dem kompetenten Fachpublikum. Die SÜFFA-Specials lassen die Messe zusätzlich zu einem Ereignis werden.