Thema KI bei der 27. Süffa im Herbst
Künstliche Intelligenz (KI) steckt in den Assistenzsystemen moderner Fahrzeuge, von Foto-Apps in Smartphones und in vielen Videospielen. Wie in anderen Industrie- und Handwerkszweigen wird der Einsatz von KI derzeit auch in der Fleischbranche heiß diskutiert. Sind alte Vorbehalte noch gerechtfertigt? Oder eröffnen sich durch neue Technologien bislang ungeahnte Möglichkeiten, die Lösungen für brennende Probleme wie den Fachkräftemangel bieten könnten?
Diese und viele weitere Fragen thematisiert die Stuttgarter Süffa von 28. bis 30. September 2024. Die Fachmesse für die Fleischbranche begreift sich seit jeher nicht nur als Marktplatz und Schaufenster, sondern als wichtiger Umschlagplatz für neue Trends, Entwicklungen und Ideen. Frei nach dem Slogan „100 Prozent innovativ”.
Soviel vorweg: Eine Roboterinvasion ist nicht zu befürchten. „Dass Metzgerinnen, Metzger und Ladenpersonal in naher Zukunft von Maschinen verdrängt werden, ist natürlich Science-Fiction”, beruhigt Projektleiterin Sophie Stähle von der Messe Stuttgart. „Die Grenzen zwischen Handwerk, computergestützter Automatisierung und künstlicher Intelligenz sind aber heute schon durchaus fließend. Chancen und Möglichkeiten intelligenter digitaler Lösungen kann man auf der Süffa erleben.”
KI spart Zeit und Ressourcen
In vielen Teilen des Lebensmittelsektors, allen voran in der Landwirtschaft, ist KI bereits eifrig am Werk. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette lassen sich zahlreiche Prozesse optimieren. Die traditionell handwerklich geprägte Fleischbranche tut sich mit dieser Entwicklung gelegentlich noch etwas schwer. Doch auch in Wurstküchen und Zerlegebetrieben hält die digitale Revolution inzwischen Einzug.
Die Anwendungsbereiche künstlicher Intelligenz sind vielfältig, etwa beim automatischen Ermitteln der Fleischqualität und Bestimmen der nachgelagerten Verarbeitung – oder im begehbaren 24/7-Verkaufsautomaten, der das eigene Sortiment im Blick behält und selbständig Nachbestellungen tätigt. KI steigert die Effizienz und reduziert nicht zuletzt den Personalaufwand – Stichwort Fachkräftemangel.
Optimale Reife: KI überwacht die Wurst
Wie die gelungene Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in einer familiengeführten Metzgerei aussehen kann, zeigt das Projekt „Ahle Wurst trifft Künstliche Intelligenz“ der Universität Kassel: Gemeinsam mit der Caldener Landfleischerei Koch wurde ein Verfahren entwickelt, in dem eine KI den Reifeprozess der Nordhessischen Spezialität optimiert.
Per Sensor werden dabei Informationen über Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit oder den PH-Wert der Würste gesammelt und an einen zentralen Rechner übermittelt. Ein Programm errechnet die notwendigen nächsten Schritte. Anhand dieser Vorgaben kann das Personal entsprechend in den Reifungsprozess eingreifen. Eventuelle Rückmeldungen werden anschließend ins System eingespeist und sofort verarbeitet: Die KI lernt.
„Das Projekt war als einjährige Machbarkeitsstudie ausgelegt und soll auf andere Handwerksbereiche übertragbar sein”, erklärt Metzgermeisterin Katharina Koch (Bild o.), die den elterlichen Betrieb in fünfter Generation führt. Neben rein technischen oder ergebnisorientierten Aspekten seien auch die im Rahmen des Projekts angestellten Kosten-Nutzen-Rechnungen durchaus vielversprechend: „Unsere Partner von der Universität ziehen eine sehr positive Bilanz. Es lohnt sich!”
Tradition und Zukunft: Mensch nicht ersetzbar
Gegenüber der Kundschaft, aber auch unter Kolleginnen und Kollegen bestehe allerdings noch Erklärungsbedarf, berichtet die Metzgermeisterin. „Manche finden es super, dass auch mal ein Handwerksbetrieb so etwas macht, andere sind skeptisch und fragen, ob das denn noch Handwerk ist. Tradition bedeutet aber nicht, dass man nichts Neues macht, sonst würden wir ja immer noch arbeiten wie in der Steinzeit.” Die oft von den Medien geschürte Angst, dass KI Jobs kosten könnte, sei ohnedies völlig unbegründet: „In unserer Branche herrscht eine gegenteilige Problematik, es gibt zu wenig Fachkräfte. Der Mensch wird nicht ersetzbar, aber die KI kann ihn bei zeitraubenden Routinearbeiten unterstützen.”
Der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch sei auch das, was eine Fachmesse wie die Süffa letztlich ausmache, findet Katharina Koch. „Die Süffa ist für den Austausch innerhalb unserer Branche sehr wichtig. Abseits des laufenden Betriebs hat man Zeit dafür, sich mit neuen Dingen zu befassen. Die Messe ist auf das Handwerk zugeschnitten und deshalb die beliebteste Veranstaltung ihrer Art.”
Im Bild oben: Metzgermeisterin Katharina Koch, Inhaberin der Landfleischerei Koch in Calden, überwacht und optimiert die Reifung Ihrer Ahle Wurst mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.