Beim sog. „Fleischgipfel“ am vergangenen Freitag standen nicht die Arbeitsbedingungen in der Schlacht-Industrie, sondern künftige Regelungen der Tierhaltung und Fleischvermarktung, Tierwohl und Dumpingpreise im Handel im Fokus. Der Einladung von Bundesministerin Julia Klöckner (BMEL) und ihrer Landeskolleginnen Barbara Otte-Kinast (Niedersachsen) und Ursula Heinen-Esser (NRW) folgten Vertreter großer industrieller Schlachtbetriebe, des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) sowie der Landwirtschaft.
Außerdem waren einige Branchenverbände dazu eingeladen. Seitens des Deutschen Fleischer-Verbands (DFV) nahmen Präsident Herbert Dohrmann und Hauptgeschäftsführer Martin Fuchs teil. Sie brachten Forderungen des Fleischerhandwerks ein. Im Fokus der Austausches standen zudem die Situation, die durch die aktuelle Schließung von Schlachtbetrieben entstanden ist. Es könnte sein, dass weitere solche Betriebe coronabedingt schließen könnten. Derzeit testen die Behörden Schlacht- und Zerlegebetriebe mit über 100 Beschäftigten großflächig auf das Corona-Virus.
Tierwohlabgabe ?
Großen Raum nahm die Diskussion um die künftige Tierhaltung ein. Vor allem übergroße Mengen und extrem niedrige Preise wurden diskutiert. Es zeigte sich, dass es seitens der Landwirtschaft und der Fleischindustrie offensichtlich keine große Bereitschaft gibt, Grundsätzliches zu ändern. Die Verantwortung für „Dumpingpreise“ und „Lockvogelangebote“ wies der LEH von sich. Sonderangebote seien nötig, um Ware zu verkaufen, spielten aber auf das Ganze gesehen keine wesentliche Rolle.
In der Berichterstattung nach dem „Fleischgipfel“ wurde der Eindruck erweckt, als sei eine Tierwohlabgabe von 40 Euro-Cent pro Kilogramm beschlossene Sache. Dem ist nicht so. Die konkrete Ausgestaltung dieser Abgabe sowie die tatsächliche Höhe sind noch offen. Unklar ist zudem, wie Fleischerzeugnisse oder Fertiggerichte mit Fleischanteil behandelt werden sollen. Herbert Dohrmann wies eindringlich darauf hin, dass es keinesfalls dazu kommen darf, dass praktizierte hohe Standards (z. B. Strohschweine) mit einer zusätzlichen Abgabe belastet werden.
Regionale Strukturen sichern
Der DFV-Präsident betonte zudem, dass Billigangebote des LEH, die wöchentlich in Prospekten stehen, sehr wohl Teil des Problems sind, da dadurch ein erheblicher Kostendruck auf die Märkte ausgeübt werde. Die Alternative sind bestehende regionale Strukturen, die unbedingt zu sichern sind, um die Akzeptanz für das Produkt Fleisch in der Bevölkerung nicht völlig zu verspielen. Er nannte zudem Beispiele für die Benachteiligung der kleinen Unternehmen, insbesondere bei Gebühren, Abgaben und bürokratischen Auflagen.
Im persönlichen Gespräch mit Julia Klöckner am Rande der Veranstaltung bekräftigte er seine Forderungen nochmals. Ein weiteres Gespräch dazu mit der Leitungsebene des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung wurde vereinbart. Dazu kann das Fleischerhandwerk im Vorfeld eine Liste mit konkreten Punkten einreichen, in denen die Betriebe benachteiligt werden und welche Alternativ-Vorschläge es gibt.