Kein theoretisches oder zukünftiges Problem
Der viel diskutierte Fachkräftemangel in Deutschland ist längst kein theoretisches oder zukünftiges Problem mehr, sondern allerorten spürbar. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge blieben zum Jahreswechsel 2022/23 bereits mehr als eine halbe Million Stellen unbesetzt.
Neben Sozialberufen oder Informationstechnik ist das Handwerk besonders betroffen. Auch zahlreiche Metzgereibetriebe müssen aufgrund fehlenden Personals bereits ihre wöchentlichen Öffnungszeiten verkürzen oder Filialen schließen. Eine Besserung ist nicht in Sicht.
Generation Babyboomer geht in Rente
Im Gegenteil: Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts fällt bis Mitte der 2030er Jahre knapp ein Drittel der heute Erwerbstätigen weg, wenn die Generation der Babyboomer in Rente geht. Dennoch sind Existenzängste unangebracht. Vielmehr gilt es, die Situation nüchtern zu bewerten und nach praktikablen Lösungsansätzen zu suchen – die oft unerwartete neue Chancen bergen. Die SÜFFA 2023 in Stuttgart, Fachmesse für die Fleischbranche, hat das ebenso brisante wie vielschichtige Thema im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz Ende Juni aufgegriffen.
„Als eine der wichtigsten Branchenplattformen informiert die SÜFFA auf über 20.000 Quadratmetern umfassend darüber, wie Metzgereibetriebe auf neue oder geänderte Anforderungen reagieren können“, sagt Andreas Wiesinger, Mitglied der Geschäftsleitung der Messe Stuttgart.
Berufsbild in der Öffentlichkeit aufpolieren
Grundlegend wichtig sei es, die Attraktivität der Berufsbilder im Fleischerhandwerk „in der öffentlichen Wahrnehmung zu steigern, Interesse zu wecken und Karrierechancen aufzuzeigen“, betont Wolfgang Herbst, stellvertretender Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbands für das Fleischerhandwerk in Baden-Württemberg. Durch gezielte Arbeit an Schulen, „offene Türen“ oder Schnupperlehren könne der Verband hier aktiv Hilfestellung leisten.
Letztlich liege es aber bei den Betrieben vor Ort, junge Menschen an der Schwelle zum Berufsleben von den Vorzügen des eigenen Unternehmens zu überzeugen. Wer fähige Nachwuchskräfte gewinnen und halten wolle, müsse dies heute „vielschichtig kommunizieren und vor allem etwas bieten“.
Viele Betriebe mit Zusatzleistungen
Darum engagierten sich viele Betriebe zusätzlich in Bereichen wie Gesundheitsvorsorge und Weiterbildung, kämen für die Kosten eines Führerscheins oder – bei entsprechenden Leistungen – gar einer Meisterprüfung auf. Ein wichtiges Instrument zur Imagepflege seien nicht zuletzt die auf der SÜFFA ausgetragenen Berufsschulwettbewerbe (Bild o.). „Ich bin immer wieder aufs Neue beeindruckt von den fantastischen Ergebnissen, die dort präsentiert werden“, schwärmt Herbst. „Bei allen aktuellen Problemen macht dies Hoffnung für die Zukunft.“