Die Vernebelung von natürlichen Desinfektionsmitteln könnte Corona-Infektionen in Schlacht- und Zerlegebetrieben effektiv vorbeugen.
Die BWA Fachkommission Lebensmittelsicherheit & Lebensmittelhandel in Berlin spricht sich in der aktuellen Corona-Diskussion um deutsche Schlacht- und Zerlegebetriebe für die Vernebelung von natürlichen Desinfektionssubstanzen in der Atemluft der Betriebe aus. „Die Lebensmittelsicherheit in der Deutschen Fleischwarenherstellung ist weltweit führend und wird in den aktuellen Meldungen fälschlicherweise mit dem Arbeitsschutz durch die Corona-Infektionen vermischt“, schreibt Ralf Ohlmann (Bild o.), Leiter der BWA Bundesfachkommission Lebensmittelsicherheit & Lebensmittelhandel.
Bei der Situationsaufarbeitung und Ursachenzuordnung der hohen Infektionsaufkommen in den betroffenen Betrieben seien bisher „sehr interessante Erkenntnisse“ gewonnen worden. Die von offizieller Stelle definierten Hotspots der potentialen Infektionsherde in der Fleischwarenherstellung seien:
• Haushalte und Unterkünfte
• Arbeits- und Sozialbereiche
Bei der Zuordnung der Infektionen in einem westfälischen Schlachtbetrieb habe sich vor allem der gekühlte Arbeitsbereich mit hoher Personaldichte (Zerlegung und weitere Arbeitsbereiche) als Hotspot erwiesen. Aber auch die Sozialbereiche sollten in einer umfangangepassten Hygieneabsicherung berücksichtigt werden.
Das Risiko einer möglichen Corona-Infektion liege in der Emission von Tröpfchen (Aerosolen) infizierter Personen in das direkte Umfeld. Diese Aerosole könnten in der Umgebung gekühlter Räume besonders lange infektiös bleiben. Turbulente Luftströmungen, erzeugt von Kühlaggregaten, seien ein weiterer Risikofaktor.
Offensiv oder defensiv vorgehen?
In gekühlten Verarbeitungsbereichen wie der Zerlegung seien, durch die Arbeitsabläufe bedingt, viele Einbauten (Zerlegebänder, Steigbänder, Transporteinrichtungen, Kabeltrassen, Rohrleitungen, Kühlaggregate etc.) im Raum, die einen sehr hohen Luftwiderstand/Luftschatten verursachen. Ein effektiver Luftaustausch sei so nicht möglich; Aerosole könnten sich zeitlich wie räumlich ungesteuert in dieser Atmosphäre aufhalten.
Hier würden sich aus der bisherigen Erkenntnis der Experten zwei unterschiedliche Methoden ergeben:
• Defensives Verfahren: Luftwechsel und hoch abscheidende Abfilterung mit zusätzlicher Strahlungsquelle
• Offensives Verfahren: Aktive Vernebelung alternativer Hygienetechnologien
Um unterstützende (defensive) Hygienemaßnahmen wie etwa Hepa-Filter oder UVC-Strahlungsquellen wirksam einzusetzen, müsste die gesamte (kontaminierte) Raumluft gleichmäßig und in ausreichender Luftwechselrate durch die dafür ausgelegten Geräte geführt werden. Somit setze der wirkungsvolle Einsatz von Filtersystemen und Strahlungsquellen eine gleichmäßige Lufterreichung voraus, was in den Arbeitsbereichen der Frischfleischverarbeitung in diesem Umfang nicht möglich sei. Somit sei die Wahrscheinlichkeit eines Infektionsrisikos durch verbleibende Aerosole bei diesen defensiven Behandlungsverfahren weiterhin hoch. Die gesamte technische und bauliche Konzeption müsste nach strömungstechnischen Grundlagen komplett und investitionsintensiv neu ausgelegt werden. Die notwendige technische Anpassung würde Monate oder sogar Jahre dauern.
Desinfektionssubstanzen heften sich an die Aerosole
Bei der Anwendung von offensiven Verfahren (Keime/Viren werden gleich nach dem Auswurf in der Luft erreicht), etwa der Vernebelung von alternativen Hygienetechnologien, würden geprüfte und arbeitsmedizinisch definierte Desinfektionssubstanzen aktiv in der Luft vernebelt, um mögliche Infektionen zu bekämpfen. „Da sich die ausgebrachten natürlichen Desinfektionssubstanzen sofort an die kontaminierten Aerosole binden, liegt auch unter den Bedingungen in den gekühlten Arbeitsbereichen mit turbulenter Luftströmung ein deutlich geringeres Infektionsrisiko vor“, versichert Ohlmann.