Offenbar eine Frage des Haltungssystems
Beunruhigende Ergebnisse eines Zoonosen-Monitorings: Von 299 Proben des Darminhalts von Mastkälbern und Jungrindern am Schlachthof enthielten 65 Prozent antibiotikaresistente, ESBL/AmpC-bildende E. coli-Bakterien.
Weitere Untersuchungen wurden auf Ebene der Erzeugerbetriebe durchgeführt. Die Proben von Kälbern, die während ihrer Aufzucht in ihrem Geburtsbetrieb (Milchrinderbetrieb) verbleiben, waren dabei deutlich seltener mit antibiotikaresistenten Keimen belastet als diejenigen von Kälbern, die in Mastbetrieben aufgezogen werden.
„Hängt davon ab, wie die Tiere aufgezogen werden“
Dazu sagt der Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Friedel Cramer: „Die Ergebnisse zeigen, dass das Vorkommen von antibiotikaresistenten Keimen bei Kälbern stark davon abhängt, wie die Tiere aufgezogen werden. Um die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in diesem Bereich einzudämmen, sollten die Tiere möglichst in Haltungssystemen gehalten werden, in denen sich offenbar weniger resistente Bakterien entwickeln.“
Im vergangenen Jahr wurden für das Zoonosen-Monitoring Kotproben von Kälbern zur Mast unter anderem auf ESBL/AmpC-bildende Escherichia coli (E. coli) untersucht. Diese antibiotikaresistenten Bakterien wurden in Proben von Kälbern, die in Milchrinderbetrieben aufgezogen wurden, zu 25,2 Prozent und damit deutlich seltener nachgewiesen als in den Proben von Kälbern aus Mastkälberbetrieben (58,9 % positive Proben) und Mastrinderbetrieben (45,7 % positive Proben).
Dieser Unterschied hängt möglicherweise damit zusammen, dass Kälber, die in Milchrinderbetrieben aufgezogen werden, im Gegensatz zu Tieren aus Mastkälber- oder Mastrinderbetrieben, während ihrer Aufzucht im Geburtsbetrieb verbleiben. Sie sind dadurch weniger Stress, etwa durch Transporte, ausgesetzt. Dieser Umstand könnte zu weniger Erkrankungen führen und damit einer selteneren Behandlung mit Antibiotika einhergehen. Zudem hätten sie weniger bzw. keinen Kontakt zu Kälbern aus anderen Beständen. Dadurch könnte es zu einer geringeren Verbreitung von ESBL/AmpC-bildenden Bakterien kommen.
Verursacher von schweren Infektionen bei Menschen
ESBL- und/oder AmpC-bildende Bakterien bilden Enzyme, die die Wirksamkeit von Penicillinen und Cephalosporinen herabsetzen bzw. aufheben können, sodass die Bakterien unempfindlich gegenüber diesen Antibiotika sind. Eine Rolle spielen ESBL/AmpC-bildende Bakterien beim Menschen insbesondere als Verursacher von zum Teil schwerwiegenden Krankenhausinfektionen.
Der häufige Nachweis von ESBL/AmpC-bildenden E. coli bei Nutztieren ist aufgrund der besonderen Bedeutung der Cephalosporine der 3. und 4. Generation für die Therapie des Menschen besorgniserregend, zumal nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand davon auszugehen ist, dass diese resistenten Keime auch über Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können.
Hintergründe zum Zoonosen-Monitoring
Im Zoonosen-Monitoring werden Daten über das Auftreten von Krankheitserregern in Tieren, Schlachtkörpern und Lebensmitteln erfasst, die auch beim Menschen Krankheiten auslösen können. Für das Zoonosen-Monitoring 2021 haben die Überwachungsbehörden der Bundesländer insgesamt 5.566 Proben auf allen Ebenen der Lebensmittelkette genommen und untersucht. Dabei wurden 2.210 Bakterien-Isolate gewonnen, in den nationalen Referenzlaboratorien am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weitergehend charakterisiert und auf ihre Resistenz gegen ausgewählte Antibiotika untersucht.