Mit über 250 Einzelmaßnahmen hat Westfleisch ein Programm gestartet, mit dem die Genossenschaft ihre Profitabilität deutlich steigern will. Nur ein Punkt der Jahresbilanz und der Pläne für das laufende Jahr. „Hintergrund ist die äußerst herausfordernde Gesamtsituation, in der sich unsere gesamte Branche befindet“, erklärte Finanzvorstand Carsten Schruck (o.) gestern auf dem digital stattfindenden „Westfleisch-Tag“ vor 4.700 landwirtschaftlichen Mitgliedern.
Immenser Preisdruck
2021 war für die deutsche Fleischwirtschaft ein wirtschaftlich schwaches Jahr mit sehr herausfordernden Rahmenbedingungen. Gründe sind vor allem die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest (ASP) mit dem daraus erwachsenen Exportstopp nach Asien. Zugleich sank in Deutschland erneut der Pro-Kopf-Fleischkonsum. „Fehlende Absatzmöglichkeiten sorgten für einen immensen Preisdruck und für einen extrem niedrigen Schweinepreis“, berichtete Michael Schulze Kalthoff, der im Vorstand von Westfleisch das Schweinefleischgeschäft verantwortet. Entsprechend sank der Konzernumsatz 2021 im Vergleich zum Vorjahr trotz leicht rückläufiger Schlachtzahlen (7,26 Mio. Schweine, 392.000 Rinder und Kälber) um gut 9 % auf 2,56 Mrd. Euro.
Auf der Kostenseite sorgten 2021 stark gestiegene Personalkosten, Corona-Sonderkosten, die Rohstoff-Preisrally sowie spürbar höhere Energie- und Logistikkosten für einen Mehraufwand von über 35 Mio. Euro. Entsprechend mussten alle Kernsparten Ergebnisrückgänge verkraften. Vor allem das Schlacht- und Zerlegegeschäft stand unter Druck. Die Weiterverarbeitung mit Wurst, Convenience und SB-Fleisch erreichte positive Ergebnisbeiträge und Absätze oberhalb des Vor-Corona-Niveaus von 2019. Das Tochterunternehmen WestfalenLand setzte 132.000 t, Gustoland 45.000 t ab. Während nach vorläufigen Zahlen der operative Cashflow (EBITDA) konzernweit bei 35 Mio. Euro lag, weist der Jahresabschluss einen Fehlbetrag in Höhe von 12 Mio. Euro aus. Die Konzernbilanz der Westfleisch SCE sei unverändert solide. Carsten Schruck: „Unsere Eigenkapitalquote ist mit 36,1 % weiterhin außerordentlich gut.“
Ergebnisdruck bleibt hoch
Für dieses Jahr erwartet das Unternehmen, dass sich der Wettbewerb und der hohe Ergebnisdruck weiter verschärfen werden. „Die ASP-Lage mit ihrer stark negativen Auswirkung auf die Exportmärkte wird sich nicht verändern“, sagte Carsten Schruck. „Die Wettbewerbsfähigkeit von deutschem Schweinefleisch auf den internationalen Märkten wird weiter abnehmen. Dafür sorgen auch die seit 2021 nahezu ungebremst steigenden Kosten.“ Zusätzlich zogen im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine in den vergangenen Wochen die Rohstoffpreise in nie gekannter Größenordnung an. „Sie werden sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette negativ niederschlagen und die endgültigen Konsequenzen hieraus sind heute noch nicht abschätzbar“, erklärte er.
Positionierung als Qualitätsanbieter
Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Konsolidierung der Branche unumgänglich. Für Westfleisch bedeute das: „Wir müssen unsere Positionierung als Qualitätsanbieter weiter schärfen. Zugleich müssen wir uns noch effizienter und leistungsfähiger aufstellen – und zwar in allen Bereichen.“ Dafür haben mehrere Teams innerhalb der Genossenschaft einen umfangreichen „Baukasten mit mehr als 250 Einzelmaßnahmen“ entwickelt. So sollen etwa Prozesse gestrafft, Aufgaben gebündelt und Ausgaben gesenkt werden. „Neben der angestrebten Effizienzsteigerung in allen Sparten und den strukturellen Anpassungsmaßnahmen liegt ein weiteres Augenmerk im Ausbau der bereits heute von uns erfolgreich besetzten Nischen und Wachstumsfelder“, erklärte Johannes Steinhoff, Vorstand Weiterverarbeitung, Rind und Technik, im Rahmen der Veranstaltung. „Das gilt z. B. für den Bereich Tiernahrung, aber auch für das Kalbfleischgeschäft, in dem wir zusätzliche Marktchancen nutzen wollen.“
Mehr Tierwohl und Regionalität
„Qualität bedeutet für Westfleisch noch mehr Tierwohl, noch mehr Regionalität und eine hohe Verlässlichkeit für heimische Landwirte und die Handelspartner. Auch hier konnten wir in 2021 entscheidende Schritte gehen“, betonte Johannes Steinhoff. „So steigerten wir den Anteil an Schweinen aus den höheren Haltungsstufen 2, 3 und 4 im vergangenen Jahr deutlich.“ Mittlerweile kommen über 70 % der von Westfleisch geschlachteten Schweine aus Betrieben, die mindestens die Anforderungen der „Initiative Tierwohl“ erfüllen. Tatsächlich setzen immer mehr Partner des Lebensmittelhandels auf nachhaltige und regionale Programme, auf deutsche Herkunft von Ferkel, Schwein, Rind und Kalb. „Hier konnten wir in den vergangenen Monaten gute Vertriebserfolge erzielen“, erläuterte Johannes Steinhoff. „Unsere Kooperationen mit dem Lebensmittelhandel werden wir weiter intensivieren und mit nachhaltigen Haltungsprogrammen und Sortimentserweiterungen wichtige Qualitätsfelder besetzen.