Die Fleischwirtschaft fordert vor Aufnahme der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grüne und FDP bei ihren Gesprächen über Maßnahmen zum Klimaschutz eine Versachlichung hinsichtlich Nutztierhaltung und Fleischkonsum walten zu lassen. Bei einer Veranstaltung zum Thema „Klimaschutz und Nutztierhaltung“ der Brancheninitiative Fokus Fleisch sagte deren Sprecher Steffen Reiter: „Land- und Fleischwirtschaft haben in den letzten Jahren ihre Emissionen um 20 % reduziert – bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktionsmenge. Doch Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung entstammen überwiegend natürlichen Kreisläufen. Dagegen ist CO2 aus fossilen Energieträgern für den Anstieg der Klimagas-Konzentration in der Atmosphäre verantwortlich.“ Er betonte, dass ein starkes Zurückfahren der Tierbestände keine Lösung sei. Das würde das Problem ins Ausland verlagern, denn die Lebensmittel würden dann von dort importiert, wo die Produktionsbedingungen in der Tierhaltung vermutlich weitaus klimaschädlicher seien.
Kreislauforientierte Tierhaltung
„Wir haben seit mehr als einem Jahr einen von allen relevanten Kräften erarbeiteten Plan zur Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung in Deutschland vorliegen. Dieser Plan trägt auf verschiedene Weise dazu bei, weitere CO2 Reduktionsziele in der Tierhaltung zu erreichen und muss jetzt schnell umgesetzt werden. Dann sind wir einen großen Schritt weiter.“ Laut Dr. Gereon Schulze Althoff, Vorstandsmitglied im Verband der Fleischwirtschaft, entstanden 2020 knapp 5 % der Treibhaus-Emissionen in Deutschland durch die Tierhaltung, um Fleisch, Milch, Butter, Eier und Käse als Lebensmittel zu erzeugen. Er betonte:“ Unser Fokus liegt darauf, die Klimaschutzziele in der kreislauforientierten Tierhaltung zu realisieren. Wir sind auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen.“ Beispielhaft nannte er nachhaltige Fütterungskonzepte, ein verbessertes Güllemanagement einhergehend mit der Reduzierung von erdölbasiertem Kunstdünger sowie der Vermeidung von Food Waste durch die Nutzung und Verarbeitung des gesamten Schlachtkörpers.
Keine falschen Schlüsse
Der aktuelle Bericht des Weltklimarats (IPCC) hat die Dringlichkeit für weitere Maßnahmen beschrieben. „Gleichzeitig freuen, wir uns, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einer Überarbeitung der Berechnungen zu Methanausstößen der IPCC geführt hat: Das Erderwärmungspotenzial der Methanemissionen der deutschen Rinderbestände ist bisher um das drei- bis vierfache überbewertet worden, der Methanausstoß von fossilen Quellen hingegen vier- bis fünffach unterbewertet worden“, sagte er. „Diese neuen Erkenntnisse müssen nun Eingang in die Klimapolitik und den Klimaschutz finden um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Maßnahmenpläne, die eine weitere Verringerung der Tierhaltung in Deutschland mit dem Methanausstoß rechtfertigen, müssen überarbeitet werden.“
Verbesserung in der Fütterung
Der Klimabeauftragte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Ansgar Lasar sagte: „Mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen sind Methanemissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern.“ Eine Reduzierung der Rinderbestände sei keine Lösung, „Ohne Rinder würden sich die deutschen Weide- und Grasflächen nicht nutzen lassen. Aus diesem Gras werden am Ende Lebensmittel, die Wiesen wiederum leisten einen Beitrag zur Kohlenstoff-Bindung“.Eine aktuelle Studie des Woodwell Climate Research Center unterstreicht diese Thesen. Die US-Forscher um Philip Duffy sehen vor allem bei der Gewinnung von Gas und Erdöl großes Potenzial für eine Minderung der Methanemissionen. Wenn hier sorgfältiger gearbeitet würde und keine Lecks entstünden, könnte ein großer Teil der Methanemissionen vermieden werden. Für die Landwirtschaft sehen die Wissenschaftler eine weitere Verbesserung in der Fütterung als Hebel, um den Methanausstoß zu verringern.