DFV fordert schärferes Tierschutzgesetz statt Tierwohlabgabe
Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, hat Empfehlungen zur Einführung einer Abgabe für Tierwohl gegeben, die eine bessere Tierhaltung finanzieren soll. Der Deutsche Fleischer-Verband (DFV) lehnt diese Vorschläge in einer Stellungnahme als „zu bürokratisch, wenig zielführend und ungerecht“ ab. Stattdessen sollten laut DFV-Pressemitteilung „sinnvolle Maßnahmen verpflichtend im Tierschutzgesetz verankert werden“.
Fleischerhandwerk lehnt Vorschläge der Borchert-Kommission ab
Die Borchert-Kommission hat sich im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit der Frage beschäftigt, wie angesichts des großen Preisdrucks bei Lebensmitteln tierischer Herkunft eine bessere Tierhaltung erreicht und finanziert werden kann. Im Ergebnis empfiehl die Kommission, den Landwirten für mehr Tierwohl Zuschüsse zu zahlen. Das Ganze soll entweder durch eine Abgabe auf alle tierischen Lebensmittel oder durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischerzeugnisse von 7 auf 19 Prozent finanziert werden.
Das Fleischerhandwerk lehnt diese Vorschläge ab. Unabhängig von den zahlreichen ungeklärten Fragen zur EU-weiten Umsetzung und zur gerechten Verteilung von Geldern führt nach Auffassung des DFV schon das Eintreiben der notwendigen Mittel zu Ergebnissen, die das Gegenteil dessen bewirken, was gewollt ist. „Die jetzt vorliegenden Vorschläge führen entweder zu einem Bürokratiemonster oder bestrafen diejenigen, die schon heute nach höheren Standards arbeiten“, befürchtet DFV-Präsident Herbert Dohrmann (Bild o.).
Höhere Mehrwertsteuer hätte fatale Folgen für das Tierwohl
Die Dokumentations- und Nachweispflichten, die ein Aufschlag auf jedes Kilogramm Fleisch oder Wurst zwangsläufig auslösen würde, seien von einem Handwerksbetrieb kaum zu leisten. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch wäre zwar deutlich einfacher umzusetzen, hätte aber fatale Folgen. „Die Mehrwertsteuer ist um so höher, je hochwertiger das Produkt ist. Der prozentuale Aufschlag würde die Preisdifferenz zwischen billig und hochwertig noch vergrößern“, prognostiziert Dohrmann. „Am Ende würden diejenigen die Hauptlast der Tierwohlabgabe tragen, die sich schon heute um gute Bedingungen bemühen.“
Erfolgversprechender ist aus Dohrmanns Sicht ein anderer Weg: Die Tierschutzgesetzgebung muss auf den Prüfstand. Sollte sich zeigen, dass die jetzt geltenden Vorschriften unzureichend sind, müssten sie nachgebessert werden. „Das hätte den großen Vorteil, dass diese Verbesserungen dann für alle Nutztiere gelten und nicht nur in den Ställen der freiwillig teilnehmenden Bauern“, erläutert der DFV-Präsident.
Europäische Lösung statt nationalem Alleingang
Allerdings gehe das nur schwer in einem nationalen Alleingang. Zu groß sei die Gefahr, dass Tiere dann dort gehalten werden, wo die Standards niedriger und deshalb kostengünstiger sind. Billiges Fleisch würde dann auf den deutschen Markt drängen. Das könnte Tierhaltung in Deutschland im Extremfall deutlich erschweren.Vor allem aber würde es den Tieren im schlimmsten Fall schlechter gehen.
Es bräuchte deswegen eine europäische Lösung: „Wenn es möglich ist, bei einer so aufwändigen Aufgabe wie der Corona-Impfung auf den europäischen Gleichschritt zu pochen, ist nicht ganz einsichtig, warum das bei einer Frage wie dem angemessenen Tierschutz nicht möglich sein soll.“ Das Fleischerhandwerk fordert hier ein entschlossenes Vorgehen der Bundesregierung, denn Tierschutz und Tierwohl sei in ganz Europa gleichermaßen geboten. „Wenn man wirklich etwas für mehr Tierschutz und Tierwohl tun will, wird man an neuen, europaweit geltenden Tierschutzgesetzen nicht vorbeikommen“, betont Dohrmann.