Josef Schmidt ist Landwirt bei Bioland und dort Verbands-Netzwerker im Bereich Außer-Haus-Markt. Im Gespräch verrät er, wie er zu seinem eigenen Hof kam, warum er von Anfang an „bio sein“ sollte und wie Küchenchefs den richtigen Bio-Landwirt finden.
Wenn Sie jemandem Ihre Arbeit erklären müssten, wie würden Sie – vor allem im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft – antworten?
Ich setze mich tagtäglich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und hohe Standards im Tierwohl ein. Wichtig ist mir hierbei, dass bei allem, was ich tue und zu entscheiden ist, niemand in seiner Daseinsberechtigung beeinträchtigt wird. Sicherlich gibt es auch viele konventionelle Betriebe, die sehr verantwortlich handeln. Nichtsdestotrotz geht mein Ansatz weit darüber hinaus und folgt immer dem Grundsatz, nur was nachhaltig ist, ist auch wirtschaftlich, und nicht wie es von vielen Betrieben gelebt wird, anders herum.
Wann und wie sind Sie zu Ihrem Hof gekommen?
Meine Eltern stammen jeweils aus kleinen landwirtschaftlichen Familienbetrieben, aber haben diese nicht vererbt bekommen. Ich habe schon während meiner Arbeit in einer großen Gärtnerei gemerkt, dass ich etwas anders machen möchte. So habe ich damals meinen sicheren Job aufgegeben, um zusätzlich den Beruf des Landwirts zu erlernen. Nach dieser zweiten Ausbildung machte ich mich dann selbstständig, pachtete Flächen und suchte einen Hof, der zum Verkauf stand. Im September 2009 wurden wir dann fündig und konnten auf der Grenzmühle einziehen.
Warum wollten Sie von Anfang an „bio sein“?
Weil ich mir nichts anderes vorstellen konnte. Es ging mir nie um bessere Marktpreise und um Geld, bis heute nicht. Es war und ist für mich einfach klar, dass eine zukunftsfähige und enkeltaugliche Landwirtschaft Bio sein muss.
Im Interview haben Sie von einem vernünftigen Preis gesprochen, den Sie für Ihre Waren erhalten sollten. Was bedeutet das für Sie konkret?
Dass man auch als Landwirt, egal ob öko oder konventionell, für seine Arbeit einen realen Stundenlohn erhalten muss. Und leider bekommt man diesen in einigen Produktionszweigen nicht, weil Erzeugerpreise extrem unter dem Druck des Weltmarktes stehen. Zu einem vernünftigen Preis gehört auch, dass sich die Umweltschäden darin wiederfinden. Dann nämlich müssten konventionell erzeugte Lebensmittel weitaus mehr kosten als ökologische Erzeugnisse.
Wie sollte Ihrer Meinung nach ein Küchenchef an die Thematik „bio“ herangehen? Woran erkenne ich als Gastgeber einen „guten Landwirt“?
Es geht hier nicht um gut oder nicht so gut, sondern vielmehr um die Frage welches Produktionssystem zukünftig auf unserer Erde vorherrschen soll. Industrielle Landwirtschaft, die auf maximales Wachstum und maximale Effizienz ausgerichtet ist oder Biolandbau, der die Ressourcen schont, Tierwohl respektiert und im Gleichgewicht mit der Natur arbeitet. Umstellungsinteressierten Küchenchefs rate ich ins Gespräch zu kommen mit Verbänden, wie Bioland. Letzterer bietet zum Beispiel die Gastronomie-Beratung an. Diese sollten Interessierte in Anspruch nehmen. Es gibt vielfältige Wege mit Bio anzufangen. Es muss nicht gleich von 0 auf 100 sein, was sicherlich viele zunächst abschreckt.
Wer direkt nach Lieferanten sucht sollte sich vorher gut informieren und in jedem Fall den Hof besuchen, sich selbst ein Bild vom Betrieb machen: Wie geht es den Tieren? Welchen Eindruck macht der Hof? Habe ich ein gutes Gefühl?
Ich kann nur sagen, habt Mut zur Bio-Zertifizierung und kreiert aus hochwertigen, heimischen Rohstoffen echten Geschmack. Beste Zutaten mit bestem Handwerk kombiniert ergeben ein tolles Resultat, dass auch bei den Gästen gut ankommt.
Was würden Sie sich für die Zukunft (etwa von der Politik) wünschen, um Bio und nachhaltige Ernährung zu etablieren?
Die Erderwärmung und der Klimawandel werden bereits seit den 1970er Jahren ausführlich diskutiert, ebenso der globale Artenschwund. So lange ist sich auch die Politik der Probleme bewusst. Mit der Verlängerung von Übergangsfristen und einem Haufen an Papieren, die nett klingen, aber nichts bewirken, schiebt die Politik die drängenden Probleme seit Jahrzehnten vor sich her. Es braucht ein klares Bekenntnis zur Problemlösung und auch ein klares politisches Signal. Politik hat eine Vorbildfunktion und deshalb muss sie auch mit gutem Beispiel vorangehen. Es hilft nicht mit Gesetzen die Gesellschaft verantwortlich zu machen, wenn es in der eigenen Zuständigkeit nicht auch konsequent gelebt wird. 30 Prozent Bio-Rohware in öffentlichen Einrichtungen wäre hierfür sicherlich ein guter Anfang. Kommen dann wenigstens die restlichen 70 Prozent aus deutschem Anbau, sind regional und saisonal, wären wir schon auf einem guten Weg. Das angestrebte Ziel muss aber „100 Prozent Bio“ sein. Städte wie Kopenhagen zeigen, dass das funktionieren kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bio-Zertifizierung? Warum nicht!
Im Mai hat die EU-Kommission mit der Farm-to-Fork-Strategie einen wichtigen europapolitischen Meilenstein gesetzt. Mit dem Ziel, den Ökolandbau bis 2030 auf 25 Prozent auszuweiten, hat Brüssel ein klares Signal gesetzt. Auch der Außer-Haus-Markt kann hier einen Beitrag leisten. Inwieweit eine Bio-Zertifizierung dabei helfen kann, welche Kriterien Sie dafür erfüllen müssen und welchen Mehrwert das Zertifikat Ihren Gästen bietet, lesen Sie in diesem Beitrag. Weitere Informationen zum Hof von Josef Schmidt gibt es hier.