Stresstest von Munich Strategy: Wie wirkt sich die Coronakrise auf das Wettbewerbsumfeld in der Fleischwirtschaft aus? Welche Unternehmen gewinnen, welche verlieren?
Im „Stresstest Mittelstand 2020“, einer umfassenden Wettbewerbsanalyse, hat Munich Strategy 23 Wettbewerber aus allen Subsegmenten der Fleischwirtschaft untersucht. Der Mittelstand steht nach Ansicht der Münchner Unternehmens- und Strategieberater vor einer historischen Neuordnung.
Die Spannbreite reichte dabei von Unternehmen mit weniger als 150 Millionen Euro bis hin zu Branchenriesen mit mehr als 500 Millionen Euro Jahresumsatz. Nach eingehender Analyse seien 22 Prozent der Unternehmen sogenannte Leuchttürme, 26 Prozent seien der Kompaktklasse zuzuordnen, 52 Prozent sieht Munich Strategy als Low Performer.
Zentrale Ergebnisse des Stresstests
• Die seit Jahren anhaltenden Preiskämpfe im Lebensmitteleinzelhandel habe die Widerstandskraft der Unternehmen bereits vor der Coronakrise geschwächt. Der Einbruch der Foodservice-Umsätze durch den Lockdown verschärfe die Situation. Die Hälfte der analysierten Unternehmen gehöre zu den Verlierern der Krise und sei akut existenzgefährdet.
• Die Produktionskapazitäten von Kompaktklasse und Low Performern seien meist intakt. Wenn es gelinge, die Wertschöpfungsketten zu stabilisieren, hätten sie ihre grundsätzliche Daseinsberechtigung im Rahmen der Versorgung der Bevölkerung. Defizite bestünden häufig im Risikomix der Geschäftsfelder sowie im Aufbau einer wertschöpfenden Positionierung im Markt. Low Performer wiesen eine höhere Durchschnittsverschuldung auf. In Zukunft hätten diese Unternehmen Schwierigkeiten, zusätzliches Fremdkapital aufzunehmen.
• Die Covid-19-Krise verschaffe Leuchtturm-Unternehmen zusätzliche Übernahmechancen. Bei Unternehmen der Kompaktklasse komme neben Übernahmen auch die Option einer Fusion in Frage, etwa um Produktportfolio oder Wertschöpfungskette sinnvoll zu ergänzen und Synergien in der Marktbearbeitung zu schaffen.
• Low Performer würden neben einer lückenhaften Kapitaldecke häufig Defizite auf der Marktseite aufweisen. Mehraufwendungen und temporäre Absatzausfälle in der Krise könnten Unternehmen vor die Existenzfrage stellen. Der Verkauf an Branchengrößen sei eine Option, aber auch die Beteiligung von Investoren könne eine Perspektive darstellen, wenn mehr als „nur“ frisches Kapital zugeführt wird.
Das Fazit von Munich Strategy: Die Fleischbranche steht vor einem Shakeout. Im schwierigen Marktumfeld seien die Gewinner-und Verliererpositionen klar erkennbar.
• Die Leuchttürme und die Unternehmen der Kompaktklasse hätten in den vergangenen Jahren eine solide Umsatzentwicklung und Profitabilität gezeigt, was indikativ für ein weitgehend robustes Geschäftsmodell ist. Für diese Gruppen stelle die Krise eine Prüfung dar. Ihre Ausgangssituation sei jedoch mindestens solide; sie hätten sogar Marktanteile gewinnen können.
• Der Shutdown habe vor allem das B2B-Geschäft der Fleischbranche getroffen, der höhere In-home-Konsum habe den Ausfall nur teilweise kompensiert. Auch nach der Lockerung der Beschränkungen werde sich der Out-of-home-Konsum nur langsam erholen. Reine B2B-Spezialisten seien dadurch existenziell bedroht, eine Überprüfung des Vertriebskanal-Mixes unter Risikoaspekten sei Pflicht.
• Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Tierwohlstandards, Nachhaltigkeit und pflanzliche Alternativen werde auch weiterhin den Markt beeinflussen. Vor allem Leuchtturm-Unternehmen könnten sich entsprechende Zukunftsinvestitionen leisten.
Für die Unternehmen komme es nun darauf an, die eigene Situation realistisch einzuschätzen und die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen.
• Die Leuchttürme sollten in erster Linie den Markt auf Übernahmekandidaten sondieren. Die Strategieberater empfehlen ihnen außerdem, die Marktposition auszubauen, aktiv zu konsolidieren und Zukunftsthemen zu besetzen.
• Für die Kompaktklasse gehe es darum, die Zukunft zu gestalten. Handlungsempfehlungen seien Schadensbegrenzung, Schärfung der Strategie sowie Konsolidierung oder Fusionierung.
• Die Low Performer müssten erst einmal auf Sicht fahren. Im Fokus stehe die Sicherung des Überlebens. Verlorenes Terrain müsse aufgegeben werden; die Suche nach einem passenden, starken Partner sei ebenfalls eine Option im Überlebenskampf.